Dieter's Klavierseiten

Datenarchiv des Klavierbaus

Dieter's Klavierseiten

Pfeifer, Johann August

Pianofortefabrik, Königsberg, 1920 – 1940

„Königsberg war die Hauptstadt der preußischen Provinz Ostpreußen. Ihre nahezu siebenhundertjährige Geschichte endete infolge des Zweiten Weltkriegs. Die Stadt wurde 1946 als fortan russische Stadt in Kaliningrad umbenannt“. (2)

Den Werdegang der Firma schilderte die „Zeitschrift für Instrumentenbau“ in ihrer Ausgabe vom 1. Jan. 1925 zu ihrem 25-jährigen Jubiläum:

„Die Firma J. A. Pfeifer, Pianofortefabrik und -Handlung in Königsberg i. Pr. konnte am 14, Dezember 1924 auf ihr 25 jähriges Bestehen zurückblicken. Vor 25 Jahren, am 14. 12. 1899, eröffnete Herr Johann August Pfeifer sein Klaviermagazin, nachdem er 4 Monate vorher, am 14. August 1899, eine kleine Reparaturwerkstätte für Klaviere errichtet hatte. Heute ist die Firma J. A. Pfeifer, Pianofortefabrik und -Handlung, die umfangreichste ihrer Branche im deutschen Gebiet östlich des polnischen Korridors, die an kaufmännischen und technischen Mitarbeitern 43 Personen beschäftigt und in Tilsit, Goldap und Dt.-Eylau selbständige Niederlassungen hat. Große, renommierte Klavierfabriken haben im Laufe der Jahre der Firma ihre Alleinvertretung im deutschen Osten übertragen, so auch 1914 die berühmte Klavierbau-Fabrik von Steinway & Sons, Hamburg, von deren Fabrikat J. A. Pfeifer innerhalb eines Jahres allein die enorme Zahl von 87 Instrumenten verkaufte. Nicht Geld zeitigte den Erfolg, sondern technisches und kaufmännisches Können, Fleiß und ein unbeirrbares, zielbewußtes Wollen, und noch heute ist der Seniorchef der Firma stolz darauf, daß der Hauptteil seines Kapitals bei der Selbständigmachung sein Handwerkszeug war, und sein Wille, vorwärts zu kommen.

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Mehr noch als bei allen anderen Handelsgeschäften ist der Klavierkauf Vertrauenssache, die begründet sein muß in der unbedingten Reellität des Verkäufers. Dieses Vertrauen verstand sich Herr Pfeifer zu schaffen und zu erhalten, und das ist die goldene Basis, auf der das Geschäft zu seinem heutigen Umfang emporwuchs. Vom Jahre 1911 an, in dem die bekannte Gebauhr’sche Klavierfabrik — aus der auch Herr Pfeifer hervorgegangen ist — erlosch, trug sich J. A. Pfeifer mit dem Gedanken, neben dem Handel auch die Fabrikation von Klavieren aufzunehmen. Das Vorhaben konnte sich auf eine schon sehr umfangreiche Reparaturwerkstätte stützen, in der ein Hauptteil, ein vorgebildeter Arbeiterstamm, vorhanden war, der größtenteils aus der Gebauhr’schen Fabrik stammte. Der Krieg hinderte und verzögerte die Absicht, aber er erstickte sie nicht. Und trotz aller schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse wurde 1920 mit dem Klavierbau begonnen. In seinem Lehrkameraden, Herrn Richard Knappe, fand Herr Pfeifer den Fabrikleiter und Konstrukteur, mit dessen Hilfe nach sorgfältigster Vorbereitung 1921 das erste J. A. Pfeifer-Piano erstand. Aus der Vielheit der Klavierproduktion heben sich die Pfeifer-Klaviere durch ihre Klangschönheit hervor. Mit dieser Klangschönheit verbunden ist eine gediegene, solide Konstruktion. Und diese klangliche und konstruktive Hochstellung der Pfeifer-Pianos fand gleiche Anerkennung bei technischen wie bei Musik-Fachleuten. ‚Ich habe ein Pianino aus der Fabrik von T. A. Pfeifer geprüft. Es ist ein ganz vorzügliches Instrument mit einem vollen, schönen Ton und einer leichten Technik, das auch ausgezeichnet repetiert‘, urteilte z. B. Generalmusikdirektor Dr. Ernst Kunwald. So reihte sich an den kaufmännischen Erfolg auch der technische. Daß Herr Pfeifer aber nicht gewillt ist, bei dem Erreichten stehen zu bleiben, sondern bestrebt ist, die Firma immer weiter auszubauen, davon zeugen die neuen großen Ausstellungsräume Königstraße 41, die speziell dem Verkauf von Kunstspiel-Apparaten Vorsetzern, Einbau-Instrumenten und elektrischen Klavieren dienen sollen, sowie der Konzertsaal J. A. Pfeifer in dem gleichen Geschäftshause. Fast alle Geschäftsfreunde aus der Klavierbranche brachten dem Arbeits-Jubilar in einem dem Hause J. A. Pfeifer gestifteten Album ihre Glückwünsche dar“. (1)

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Dazwischen:
1909 – vergrößerte Pfeifer sein Klaviermagazin und seine Reparaturwerkstatt.
1916 – Willy Pfeifer, der Sohn des Firmeninhabers, wurde als Teilhaber aufgenommen.
Das bekannte und große „Pianofortehaus“ eröffnete 1917 in Lyck (Ostpreußen), kurze Zeit später in Gumbinnen, je eine Filiale.

Im Anschluss an das 25-jährige Jubiläum folgte die Einweihung des Konzertsaales:
„Es ist sonst üblich, daß bei Gedenkfeiern dem Jubilar allerhand Aufmerksamkeiten erwiesen werden. Die hiesige Firma J. A. Pfeifer, Pianofortefabrik und Handlung, hat bei ihrem Vierteljahrhundert-Geschäftsjubiläum, das zugleich Gedenktag der 25-jährigen Meistertätigkeit des Seniorchefs der Firma war, den Spieß gewissermaßen umgedreht. Im Zusammenhang mit der Schaffung großzügiger neuer Ausstellungsräume für ihre eigenen Erzeugnisse und die Fabrikate der 22 Firmen, deren Generalvertretung für Ostpreußen in ihren Händen liegt, ließ sie sich einen Konzertsaal (Königstraße 41) herrichten, den sie gewissermaßen der Kunstjugend geschenkt hat; er steht den Kunstjüngern unentgeltlich zur Verfügung zur Veranstaltung kleiner intimer Konzerte. …
Der neue Pfeifer’sche Konzertsaal hat eine Größe von rund 120 Quadratmetern und kann 230 Personen fassen. …
Die Einweihungsfeier vereinigte am Sonntag, den 28. Dezember 1925 die hervorragendsten Vertreter des Königsberger Musiklebens mit den Freunden der jubilierenden Firma in den neuen Räumen, die ungemein reizvoll mit kostbaren Teppichen und Dekorationen ausgestattet worden waren und dadurch noch eine Erhöhung des intimen Reizes erfuhren.
Es folgten dann die Ansprachen. … Musikdirektor Minke überbrachte die Glückwünsche von Steinway & Sons, Herr Niendorf-Luckenwalde die seiner Firma und zugleich die Wünsche der gleichfalls erschienenen Inhaber der Berliner Pianofortefabriken Pfaffe, Biese und Duysen“. (1)

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Ein weiteres Musterlager wurde noch 1925 in Osterode (Ostpr.) eröffnet.
Im Handelsregister dagegen wurde bei der Firma J. A. Pfeifer, Pianofortehaus in Tilsit, 1927 eingetragen: Die Firma ist erloschen.

1929 beging die Firma ihr 30-jähriges Geschäftsjubiläum.
„Aus ganz kleinen Anfängen wurde die Firma in unermüdlicher rastloser Tätigkeit bis zu ihrer heutigen Größe entwickelt und ist heute bis in die entferntesten Winkel der Provinz Ostpreußen bestens bekannt. Viele Tausend Instrumente haben den Namen der Firma überall hingetragen und ihren heutigen Ruf geschaffen.
Auch eine modern eingerichtete Pianofortefabrikation mit angegliederter Reparaturwerkstätte nennt die Firma ihr eigen. In Insterburg, Allenstein und Tilsit werden gut geleitete Filialen unterhalten, die außer dem Klaviergeschäft ein reges Geschäft in erstklassigen Sprechapparaten und Platten betreiben“. (1)

„Am 12. März 1930 verschied nach kurzem schweren Krankenlager im 66. Lebensjahre Herr Johann August Pfeifer in Königsberg i. Pr. Er war der Gründer und Seniorchef der seit drei Jahrzehnten bestehenden Firma J. A. Pfeifer, Pianofortefabrik und -Handlung in Königsberg i. Pr., sein Sohn Willy Pfeifer übernahm die Firma“. (1)

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1931 „… ist die offene Handelsgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt“ worden. (1) Im gleichen Jahr erlosch die Zweigniederlassung in Tilsit.

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54/18 15. Juni 1934 288 Pfeifer, Annonce Königsberg

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1940 – blickte Willy Pfeifer zu seinem 25-jährigen Betriebsjubiläum als Alleininhaber auf das „führende ostpreußische Pianohaus“ zurück:
„Es gelang ihm, den Umfang des Geschäfts immer stärker zu erweitern und durch Fleiß und Fachkenntnisse die Firma zu einer der größten ihrer Art in Deutschland auszubauen. Heute zählt das Unternehmen 55 Mitarbeiter und ist mit seinem umfangreichen Filialnetz weit über die Grenzen Ostpreußens hinaus bekannt und geachtet“. (1)

„Durch die britischen Luftangriffe auf Königsberg Ende August 1944 wurde Ostpreußens Provinzialhauptstadt zerstört, die Altstadt praktisch in Gänze. Mit solchen Bombardierungen war im Zweiten Weltkrieg nicht gerechnet worden. Königsbergs schien außer Reichweite der alliierten Bomberflotten. Dass das eben nicht der Fall war, wollte die Royal Air Force beweisen. Zwei nächtliche Angriffe mit Brandbomben zerstörten die Innenstadt mit dem Königsberger Schloss, der Albertus-Universität und dem Königsberger Dom. Die Folge waren 5.000 Tote und 200.000 Obdachlose“. (2)

Quellen:
(1) Zeitschrift für Instrumentenbau
(2) Wikipedia
(3) Bildquellen: ZfI und Avito