Pianofabrik in Berlin, 1893 – 1938 (Gegenwart)
Die Pianofabrik wurde 1893 gegründet, in den Berliner Adressbüchern finden sich erst 1894 Nachweise von „W. Hoffmann“ auf der Reichenberger Str. 154. Kaum vorstellbar, in der Reichenberger Straße, in der zweiten Etage, betrieb W. Hoffmann seine Pianofabrik. In dem Hause wohnten um 1898 ca. 50 Einwohner.
Ab 1900 bis zum Ende der Berliner Zeit 1938 war W. Hoffmann seine Anschrift: Stallschreiberstraße 58.
Auf der Berliner Gewerbe-Ausstellung 1896 wurde W. Hoffmann erstmalig in der „ZfI“ erwähnt, er stellte „Pianinos“ aus. Anerkennungsschreiben folgten vom „Hofpianofortefabrikanten“ Hermann Tuch.
1898 stellte W. Hoffmann auf der Musikausstellung im Berliner Messpalast ein „Nußbaum-Pianino, 1,42 m hoch“ vor und erhielt für „hervorragende Leistung“ eine Medaille der „Allgemeinen Musikausstellung 1898 und eine die Richard Wagner mit seinen Lebensdaten zeigte.
Weitere Modellbeschreibung finden sich in den ZfI´s bis zum Ende der Firma 1938 nicht.
Ein W. Hoffmann-Klavier konnte ich mir selbst anschauen. Das im Privatbesitz befindliche, kreuzsaitige Oberdämpfer-Klavier hat eine Besonderheit: Mechanik und Klaviatur sind miteinander verschraubt. Beim Aufziehen einer neuen Saite müssen erst bei der Klaviatur die Schrauben gelöst werden. Die Schrauben sind schwer neben und unter den Tasten zu finden, um die an ihr festgeschraubte Oberdämpfermechanik aufwendig heraus zu nehmen. Die Vorderblättchen fehlen ganz. Der Bezug ist kreuzsaitig, die Gussplatte ist am Wirbelfeld ausgespart, die Tonhöhe betrug immerhin fast 435°. Serien-Nr. 3.732, geschätztes Baujahr 1903.
Klaviere um 1900 zeigen an der Tastenklappe verschiedene Medaillen. So zum Beispiel:
„Deutscher Bund für Frauenerwerb“, „Ausstellung für Frauenbestrebungen und Hausbedarf 1901“. Eine Bronze-Medaille der „Gewerbe und Industrie-Ausstellung – Bromberg 1902“.
Die von H. Henkel erwähnte Goldmedaille in Bromberg erhielt nicht W. Hoffmann, sondern Firma Ludwig Hupfeld, Leipzig.
Außerdem waren auf dem Namensschild die Schriftzeichen Silberne Medaille (linke Seite) und Goldene Medaille (rechte Seite) zu lesen, deren Ursprung rätselhaft ist.
Im Mai 1902, zur Industrie-Ausstellung für Gast- und Hauswirtschaft in Berlin, erhielt W. Hoffmann eine „Ehrenvolle Auszeichnung“.
Weitere Ausstellungsberichte, weitere Prämierungen oder Patente sind nicht bekannt, auch keine Seriennummern aus der Vorkriegszeit, auch keine Hoflieferanten-Titel. Über W. Hoffmann selbst ist nichts bekannt, vermutlich starb er nach 1900 – oder ?- doch davon später. Im Weltadressbuch von 1903 ist Frau W. Hoffmann letztmalig als Inhaberin angegeben.
Von 1905 bis 1909 sind keine Nachweise in der ZfI noch in den Berliner Adressbüchern vorhanden.
Erst ab 1910 erschien in der ZfI und in den Berliner Branchenbüchern Info´s über die geänderten Gesellschaftsformen.
Die Gesellschaftsformen sind wichtig, um Instrumente von der Firma Georg Hoffmann zu unterscheiden, die mitunter ähnlich klingen:
- seit Gründung bis 1904: W. Hoffmann, Pianofabrik.
- seit Mai 1904: Pianoforte- und Flügelfabrik W. Hoffmann GmbH.
- seit Juni 1910: W. Hoffmann Pianos GmbH. Seit dieser Zeit ist dieses Logo, die „gesetzlich geschützte Fabrikmarke“.
Weitere Informationen der ZfI beziehen sich auf Änderungen in der Geschäftsführung.
Obwohl in einer Anzeige steht: „Pianos und Flügel, nur eigene Fabrikate, alte weltbekannte Marke“, scheint das Unternehmen nicht zu den Größten gehört zu haben. In der Zeit um 1926 wurde bei vielen das „Stammkapital umgestellt“. Interessant, Bechstein stellte auf 3.000.000 Reichsmark um, W. Hoffmann auf 36.000 Reichsmark.
„Paul Schlese liquidiert die Firma ab Juli 1937, diese wird im Okt.1938 als erloschen eingetragen“. (H. Henkel)
Soweit zu der Pianofabrik W. Hoffmann in der Berliner Zeit, dessen Name nach dem Zweiten Weltkrieg von der Pianofabrik Euterpe in Langlau weitergeführt wurde.
Von der Berliner Pianofabrik Euterpe heißt es: „Im Zweiten Weltkrieg wird die Fabrik durch Bomben total zerstört und darauf teilweise nach Coburg verlagert, aber auch hier zerstört. Zum 15. Nov. 1948 wird die Firma nach Langlau in die Räume einer früheren Munitionsanstalt verlegt, Direktor ist jetzt Carl Müller. […] Um 1935 tritt er bei Euterpe ein“. (Henkel, Lexikon Deutscher Klavierbauer)
Hat der heutige, erfolgreiche Name „W. Hoffmann“ noch etwas mit „W. Hoffmann Pianos“ zu tun?
Schauen wir uns die Berichte aus der Nachkriegszeit an. H. Henkel führt in seinem Lexikon auf S. 258 bei W. Hoffmann an: „Nach 1945 wird die Marke W. Hoffmann von der Firma Euterpe in Langlau hergestellt …“ Auf S. 256 heißt es entsprechend im Eintrag zu Georg Hoffmann: „In der Folge wird die Marke Hoffmann von der Pianofortefabrik Euterpe hergestellt“. Die Frage ist, ob es sich hier um einen Irrtum handelt oder ob Henkel tatsächlich ein Hinweis vorlag, dass Euterpe sich auf die beiden ehemaligen Berliner Firmen mit Namen Hoffmann bezog. Es bestand ja ursprünglich zwischen diesen beiden Firmen keinerlei Verbindung. In Langlau wurde der Markenname „W. Hoffmann“, der mit einem Berliner Bär als Emblem verbunden war, als Zweitmarke für die Modelle der Euterpe-Fabrikation eingesetzt. Daneben wurden in den nächsten Jahrzehnten bei Euterpe auch die Marken Feurich, Kuhla, Berdux, Haegele und Tetsch + May hergestellt.
In einem Artikel in Europiano 3/1989, S. 61 ist zu Euterpe zu lesen; „Gegründet wurde das Unternehmen bereits 1875 in der damaligen Reichshauptstadt Berlin, und zwar von Karl Müller, einem ehemaligen Opernsänger, der über gute Kontakte zur Branche verfügte. Noch während der Berliner Zeit übernahm man die Firma W. Hoffmann, deren Pianos fortan in Lizenz gebaut wurden“.
Karl Müller war tatsächlich maßgeblich am Entstehen der Euterpe-Fabrik in Langlau nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligt. Leider gibt es über die Vorgeschichte in den 30er Jahren und die Verbindung zwischen Müller und den untergegangenen Berliner Fabriken Euterpe, W. Hoffmann und vielleicht auch G. Hoffmann nur wenig zuverlässige Nachweise. Mit einer Firmengründung 1875 hatte Müller natürlich nichts zu tun.
Nach der Übernahme von Euterpe durch Bechstein und der Einstellung der Produktion in Langlau wurde „W. Hoffmann“ zu einer Marke in der Bechstein-Gruppe. Die Herstellung der Instrumente in verschiedenen Produktionsstätten führte dazu, dass Instrumente der Marke „W. Hoffmann“, die in der Langlauer Zeit mit Euterpe-Seriennummern versehen waren, nunmehr uneinheitlich nummeriert sind, was zu Verwirrung bei der Datierung von Instrumenten führen kann. Gegenwärtig wird die Marke W. Hoffmann im Bechstein-Werk in Hradec Králové hergestellt.
Auf dem Logo steht im Katalog der W. Hoffmann-Instrumente, – „SINCE 1904“ – ist ja nicht ganz falsch, die Übersetzung heißt ja: „Schon seit 1904“ – ist aber eben nicht das Gründungsdatum.
Wer war W. Hoffmann?
In der Berliner Vorkriegszeit und Langlauer Nachkriegszeit steht immer nur W. Hoffmann. Es sind Spekulationen, ob es sich um Wilhelm Hoffmann handelt.
In allen Nachweisen ist bei der Berliner „Pianofabrik W. Hoffmann“ nie der Vorname „Wilhelm“ erwähnt, nur die Abkürzung „W“.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zunächst nur mündlich der Name „Wilhelm“ erwähnt, wenn überhaupt – , erst H. Henkel „verfestigte“ im Klavierlexikon (herausgegeben im Jahre 2000) den Vornamen Wilhelm.
Gibt es eine Verbindung zu Wilhelm Hoffmann, Liegnitz?
Totenliste von 1912. „Aus den Reihen der Fachgenossen und der ihnen nahestehenden Kreise wurden im Jahre 1912 ins Jenseits abberufen: … Hoffmann, Wilhelm, Pianofortefabrikant, Liegnitz …“.
Nach H. Henkel besaß er dort eine Pianofabrik, die 1876 gegründet wurde und bis 1912 bestand. In den Weltadressbüchern ist er als Pianobauer und -stimmer in Liegnitz vermerkt.
Neben den vielen Liegnitzer Klavierherstellern war W. Hoffmann eine kleine, offensichtlich nicht erwähnenswerte Firma.
Gab es eine Verbindung zu Berlin? Ist nach ihm die Berliner „W. Hoffmann, Pianofabrik“ genannt? Darüber kann man nur spekulieren.
1. In den Berliner Adressbücher, bei „Handel- und Gewerbetreibende“ ist unter der Pianofabrik W. Hoffmann seit Beginn 1894 bis 1904 vermerkt: „Inh. Frau W. Hoffmann“. War Wilhelm in Liegnitz und seine Frau in Berlin?
2. Zur „Gewerbe und Industrie-Ausstellung zu Breslau 1881“ stellte W. Hoffmann, Liegnitz, „ein gut gearbeitetes und gut klingendes gradsaitiges Pianino aus“.
Um diese Zeit wurden schon vielfach kreuzsaitige Instrumente und neuere Modelle ausgestellt. Der damals unbedeutenden Firma fehlte offensichtlich die Motivation zu neueren Entwicklungen.
Wurden Liegnitzer Modelle später auch in der Berlin „W. Hoffmann“-Fabrik gebaut?
Soweit die möglicherweise bestandene Verbindung Liegnitz – Berlin; eine Hypothese oder Wirklichkeit? „Eine Hypothese ist eine Form einer logischen Aussage formulierte Annahme, deren Gültigkeit man zwar für möglich hält, die aber bisher nicht bewiesen bzw. verifiziert ist“. (Wikipedia)