Haegele, Heinrich

Pianofortefabrik in Aalen, 1846 – 1970

Heinrich Haegele gründet als »Klavier- und Instrumentenmacher« die Werkstatt am 11. Okt. 1846 unter der Firma Haegele & Lutz, Geldgeber ist sein zukünftiger Schwiegervater, der Apotheker Friedrich Georg Lutz. Haegele baut zunächst ausschließlich Tafelklaviere, denen Weltruf nachgesagt wird, doch betätigt er sich anfangs auch als Holzhändler und verkauft Konzertkarten. 1848 beschäftigt er drei Gehilfen“. (5)

Zur Allgemeinen deutschen Industrie-Ausstellung in München 1854 erhielt die Pianofortefabrik Hägele & Luz eine belobende Erwähnung, ausgestellt waren: 1 Pianoforte in Palisanderholz, 6 3/4 Octaven, mit der Veränderung Forte und Piano … 1 Pianoforte in Nußbaumholz, 6 1/2 Octaven mit der Veränderung Forte … Beide Instrumente waren von vortrefflichem, rundem, schönem Tone, ziemlich gleichförmig, in der kleinen Octave etwas hohl klingend. Der Anschlag gut, leicht. … Diese Fabrik besteht seit 8 Jahren. Die Arbeiterzahl hat sich in den letzten Jahren bedeutend vermehrt. Die Instrumente werden in Europa und nach Amerika versandt“. (1)
Hägele und Luz aus Württemberg stellten 1855 in Paris ein Tafelklavier vor, das einen Klang hat und klar spricht, Eigenschaften, die insbesondere deutschen Klavieren fehlen“. (1)
Paris 1867 – 1. Tafelklavier in Palisanderholz mit 7 Octaven, mit metallenem Klangstock und Patent- Agraffen versehen. … Beschäftigt gegenwärtig 20 Arbeiter. … 1. Quadratisches Klavier aus Palisander mit 7 Oktaven. Er fertigt Tafelklaviere aller Größen und in allen Holzarten, gerade und schräge Systeme“. (1)
1871 zur Schwäbischen Industrie-Ausstellung in Ulm: 1 Tafelpiano in Palisanderholz,
1 dto in Nussbaumholz, sämmtlich 7 oktav“. (1)

HaegeleWien 1873 zur Weltausstellung: „… welcher ein kreuzsaitiges Pianino …, ein schrägsaitiges und ein tafelförmiges Piano aus Palisander … ausgestellt hatte. Sämmtliche Arbeiten zeugten von Solidität und tüchtiger Kenntniss des Fabrikanten“. (1)
Wien 1874, Officieller Ausstellungs-Bericht: „Zwei Pianinos im hohen Format, das eine schrägsaitig zum Preise … das andere kreuzsaitig … Beiden ist derselbe Toncharakter eigen, das letzte entfaltet etwas mehr Klangfülle als das erste. Ferner: Pianino in Tafelform mit Eisenrahmen; der Ton ist rund, voll und von schöner Klangfarbe. Der Kasten ist aus Palisander gemacht“. (1)

Heinrich Hagele in Aalen war der einzige Repräsentant auf der Württemb. Ausstellung 1881 für die tafelförmige Bauart. Es giebt nun einmal noch viele Leute in Süd-Deutschland, die an dieser anderwärts ausgestorbenen Form festhalten, und dem Pianino die Suprematie nicht einräumen wollen. Es liegt uns fern der Tafelform den hochnotpeinlichen Process zu machen und dieselbe für den Aussterbe-Etat zu empfehlen, indessen muss doch zugestanden werden, dass durch die jetzt so vervollkommnte Qualität des Pianinos die Bauart der Tafelform überflüssig erscheint. Ein ausgestelltes Pianino von Hägele in Nussbaum ist reich in der Ausstattung. Der Ton giebt sich ansprechend“. (2)

Haegele

1886 zur Ausstellung in Augsburg stellte Hägele „2 Pianinos und 1 Tafelpiano aus, letzteres ist übersaitig mit ganzem Gussrahmen, in Ton und Spielart ganz tadellos, und scheint dasselbe nach der äusseren Ausstattung zu schliessen (schwarz mit reicher Goldgravirung) für den überseeischen Export bestimmt. …
Die beiden ausgestellten Pianinos dieser Firma – das eine 150 cm hoch mit schwarzem Gehäuse, reich geschnitzten Pilastern und matten Gravirungen sehr elegant ausgeführt, das andere in Nussbaum-Maser polirt und 132 cm hoch – sind kreuzsaitiger Construction; dieselben bekräftigen durch schönen weichen Ton, elastische Spielart und solide Arbeit aufs neue den bekannten guten Ruf dieser Firma. … und ein voll anzuerkennendes Tafel-Piano“ (2)

Die Pianofortefabrik von Heinrich Hägele, „die nach dem Tode des Begründers von dessen Witwe unter Leitung ihres Schwiegersohnes, des Herrn Julius Burger, fortgeführt wurde, ist am 1. April 1890 mit allen Aktiven und Passiven Käuflich in den Besitz des letzteren übergegangen. Das Geschäft wird von Herrn Burger unter alter Firma fortgesetzt“. (2)
Die Firma Heinrich Hagele „feierte am 11.Okt. 1896 das Fest ihres 50-jährigen Bestehens. … Den schönen Erfolg verdankt die Firma einzig und allein ihrer soliden Arbeit. Weit über 3000. Instrumente sind bisher aus dem Geschäft hervorgegangen“. (2)

Ende Dezember 1909 kam in der Pianofortefabrik von H. Hagele das 4000. Instrument zum Versand, verbunden mit einer würdigen Festlichkeit.

1919 teilte durch Rundschreiben die Firma mit „daß die Fabrikation in vollem Umfange wieder aufgenommen wird. Gleichzeitig hat der seitherige Inhaber, Herr Julius Burger, die genannte Firma auf seinen Sohn, Herrn Eugen Burger, übertragen, der die Fabrik in der altbewährten Weise weiterführt“. (2)

JULIUS BURGER beschrieb sein Patents Nr. 321 907, ausgegeben im Sept. 1919:
„Bei Klavieren… werden zum Niederhalten der Saiten zwischen dem Steg und den Wirbeln Druckstäbe verwendet, die die Saiten in einer zum Spannen erforderlichen Lage erhalten. Dieser Druckstab trägt insbesondere viel dazu bei, die Klangfülle der angeschlagenen Saite zu gestalten und den Ton voll zu Gehör zu bringen. Wie nun bekannt, besteht die Tatsache, daß der Klang der Saiten in den oberen Lagen … äußerst kurz und nie voll ist, ein Übelstand, dem bisher nicht abgeholfen werden konnte. Hauptsächlich ist dieser Mißstand darin zu suchen, daß der Druckstab, wie bisher gleichmäßig verlaufend und an der Stelle des Diskants desselben Profils, wie in der Mittellage und der Stelle des Basses, den Klang der Saiten nicht genügend verstärkt, d. h. die Schwingungen der Obersaiten durchläßt, und daß daher deren Tonfülle abgeschwächt wird.
Der Erfindung zufolge wird nun dieser Übelstand dadurch beseitigt, daß der Druckstab konisch gestaltet wird, d. h. die Stärke seines Profils jeweils den Schwingungszahlen der Saiten angepaßt wird, und zwar so, daß der Druckstab an der Stelle des Diskants ein bedeutend größeres Profil erhält, als an Stelle der Mittellage und hauptsächlich der Baßsaiten.
Dadurch werden die Schwingungen der oberen Saiten viel intensiver wie bisher zu Gehör gebracht, während das schwächere Profil für die langsamer schwingenden Baßsaiten vollauf genügt. Der Ton der Diskantsaiten kommt dementsprechend viel voller, gesangreicher und runder zum Ausdruck. (6)

Haegele

Die Pianofortefabrik Heinrich Haegele „hat 1920 auch den Bau von Flügeln aufgenommen. Vor kurzem ist der erste Flügel, ein Stutzflügel, fertiggestellt worden“. (2)

Haegele

1921 blickte die Firma auf ihr 75-jähriges Bestehen zurück.

 

Haegele

1925 konnten in der Pianofortefabrik von Heinrich Hägele … eine Reihe von Arbeitnehmern auf eine überaus stattliche Zahl von Arbeitsjahren zurückblicken. … Die Firma Heinrich Hägele erfreut sich allgemein eines Stammes tüchtiger und gut eingearbeiteter Kräfte; es ist dies eine Gewähr für eine musterhafte Ausführung der Arbeitsprodukte, wie auch ein Beweis dafür, daß die Arbeiterschaft der Firma Anhänglichkeit und Vertrauen entgegen bringt. Durch Einführung moderner Arbeitsmaschinen und -methoden ist es ihr gelungen, ihre Produktion ganz erheblich zu steigern. Insgesamt wurden seit Bestehen der Firma etwa 9000 Instrumente hergestellt“. (2)

Der Senior der seit 1846 bestehenden Pianofortefabrik von Heinrich Haegele „Herr Julius Burger, konnte am 15. Februar 1927 in körperlicher und geistiger Frische die Feier seines 75. Geburtstages begehen. Der Jubilar darf mit Recht als einer der Pioniere der modernen deutschen Klavierindustrie angesehen werden. Geboren am 15. Februar 1852, machte er nach umfassender Schulbildung eine gründliche Lehre im Klavierbau durch, bekleidete Stellungen in Stuttgart und Berlin und wurde schon als 19-jähriger infolge seiner hervorragenden Leistungen von der Württ. Zentralstelle für Gewerbe und Handel 1873 zur Weltausstellung nach Wien entsandt. Im Jahre 1874 trat er bei Heinrich Haegele in Aalen ein und wurde kurze Zeit nachher der Schwiegersohn des weithin bekannten Gründers der Firma, nach dessen Tode im Jahre 1874 er der Alleininhaber der Fabrik wurde, welche sich damals hauptsächlich dem Bau von Tafelpianos widmete. Der junge strebsame Klaviermacher wandte sich sofort der Konstruktion von kreuzsaitigen Pianinos zu und erzielte bald wohlberechtigte Erfolge mit seinen Fabrikaten. Die Haegele’schen Instrumente sind heute wegen ihrer soliden und dauerhaften Arbeit und in bezug auf Tonschönheit und Spielart hervorragenden Qualität überall, im In- und Auslande, hochgeschätzt. … Im Jahre 1919 ging die Firma auf seinen Sohn Herrn Eugen Burger über, so daß heute die dritte Generation Besitzerin der Firma Haegele ist. Im Jahre 1920 hat der alte Herr noch den Flügelbau in der Fabrik mit eingeführt und ist heute noch früh und spät im Betrieb tätig. Von Kollegen und Freunden liefen Telegramme und Begrüßungen aller Art in großer Anzahl am Festtage in Aalen ein, begleitet von herzlichen Wünschen für das fernere Wohlergehen des verehrten Jubilars. Möge ihm vom Geschick noch ein glücklicher Lebensabend beschieden sein“. (2)
Am 22. September 1930 verstarb Herr Karl Rieder, ältester Ausarbeiter der Firma Heinrich Haegele nach 54-jähriger (!!) Tätigkeit in diesem Unternehmen.

Julius Burger senior beging am 15. Februar 1932 seinen 80-sten Geburtstag. Wenn auch Herr Burger sich weder in der Öffentlichkeit noch bei Vereinen oder in der Gesellschaft hervorgetan hat, so soll doch sein 80. Geburtstag uns Anlaß geben, des Lebenswerkes dieses unermüdlich tätigen Mannes zu gedenken. … Heute finden wir die Haegele’schen Erzeugnisse über die ganze Erde verbreitet. … So kann Herr Burger mit Befriedigung auf seine Lebensarbeit zurückblicken; er kann sich erfreuen an den Erfolgen, die er im Laufe der Jahrzehnte erzielt und die seinen und der Stadt Namen in alle Erdteile, über Land und Meere getragen haben. Möge ihm ein weiterer sonniger Lebensabend beschieden sein“. (2)
1936.“In diesen Tagen konnte die Pianofortefabrik Heinrich Haegele in Aalen (Württ.) auf ihr 90 jähriges Bestehen zurückblicken. … Julius Burger starb 1937 im Alter von 85 Jahren“. (2)

1953 zur Messe:
An Gediegenheit kaum zu übertreffen sind die klangvoll-ausgeglicheneren Instrumente der altbekannten Klavierfabrik H. Haegele, Aalen (Württemberg). In Modellen wie Mignonette (98 cm hoch, mit Flügelklappe), Mignon (110 cm) und Meistersinger (125 cm), sämtlich 7 1/4 Oktaven und in allen Holzarten lieferbar, tritt die alt erprobte Wertarbeit der Firma empfehlend in Erscheinung, und können so unterschiedliche Bedürfnisse gut befriedigen“. (3)

Haegele

1955 „Vom Gründer übernahm sein Schwiegersohn Julius Burger in zielstrebiger Arbeit den Betrieb, der dann von seinem Sohn Eugen Burger und nun auch von dessen Sohn Klaus in vierter Generation bis auf den heutigen Höchststand weiterentwickelt worden ist. … Die durch hohe Qualität bewährte Klavierfabrik hat mit ihrem Modell „Mignonette“ bei nur 98 cm Höhe ein modernes Kleinklavier geschaffen, das eben sosehr einen echten Real- wie schönen Musizierwert darstellt. Das Instrument ist nur 98 cm hoch und hat 7 ¼ Oktaven Umfang. (Nach Meinung des Klavierbaumeisters Herr Ewald Land, ist es das klangvollster Instrument) Der ausgedübelte Eisenrahmen gewährleistet im Verein mit der bekannten Solidität der Haegele-Klaviere Gewähr für hervorragende Stimmhaltung. Ein gepflegtes Äußere läßt die „Mignonette“ auch wohnraumlich vielverwendungsfähig erscheinen. … und hat in Fach- und Exportkreisen sehr großen Anklang gefunden hat“. (3)

Haegele

1972. „Die Firma Hch. Haegele, Aalen, lieferte seit mehr als 125 Jahren Klaviere von hoher Qualität und Klangschönheit in viele Länder der Welt. 1971 entschloß sich die Firmenleitung aus Rationalisierungsgründen die Produktion nach Langlau zu verlegen. Die neue Firma Haegele sieht es als Verpflichtung an, die Tradition des Hauses Haegele, Aalen fortzusetzen und den bisherigen guten Ruf dieser Firmenmarke nicht nur zu erhalten, sondern auch weiterhin zu vertiefen. Es ist für die Firma Haegele, Langlau, eine Pflicht und Selbstverständlichkeit, die bisherigen Geschäftsverbindungen zu pflegen und auszubauen. Anläßlich der Frankfurter Frühjahrsmesse wird Haegele ein Modell 107 sowie einen Flügel vorstellen“. (3)

Leider sind Modelle von Haegele und das Burger-Patent damit auch nicht fortgeführt worden.

Hch. Haegele Klavierfabrik, Aalen. Firma ist 1972 übertragen auf Irmgard Maroske geb. Burger, Arztehefrau in Ilshofen, Annemarie Kinzler geb. Burger, Fabrikantenwitwe in Wasseralfingen, und Klaus Burger, Fabrikant in Heidenheim/ Brenz. Das Geschäft wird als o. H. G. weitergeführt“. (4)

1973 „Hoffmann, Euterpe, Feurich und Haegele stand in klarer Schrift über den Klavieren und Flügeln, die in einem gemeinsamen Fabrikkomplex in Langlau hergestellt werden. Das Gütezeichen GK sei eine zusätzliche Garantie für diese Instrumente der gehobenen Mittelklasse. Besonders in Erinnerung blieb neben dem vollen klaren Ton der Instrumente das Modell Rustica mit nur einer großen Kassette an der Frontseite, denn es zeigte: auch altdeutscher Stil kann so modern entworfen werden, daß ihm diese Gegenwart mit ihrer Vorliebe für klare Linie anzusehen ist. Ein Beweis sicheren Geschmackes beim Designer und im ganzen Haus, denn altdeutsch könnte auch sehr altmodisch aussehen. Firmenchef Julius Feurich: Der erstaunlich starke Verkauf von Klavieren und Flügeln bei dieser Messe bringt weder uns noch unsere Kunden aus der Fassung. Wir liefern zuverlässig, teilen weder zu, noch lassen wir uns gnädig beordern. Unser Unternehmen bleibt auf dem Teppich“. (3)

Haegele

Das Jahr 1977 hat bei der Firmengruppe Euterpe, wo bekanntlich auch die Fabrikate Haegele, Hoffmann und Feurich hergestellt werden, mit ihrem ausgewogenen Programm an klassischen, modernen, aber vor allem stilistisch tadellosen Modellen in Barock, Rokoko, Sheraton, Chippendale usw. eben jene Musikfreunde erreicht, ob Händler oder Endverbraucher, die den besonderen Unterschied nicht nur hören sondern auch sehen wollen“. (4)
Auf dem wesentlich vergrößerten Messestand … „bot 1978 dieser Stand der vier großen Klavier- und Flügel-Fabrikate eine unwahrscheinliche Vielseitigkeit an Modellen und Ausführungen, darunter auch einige interessante Neuheiten. Was dem Euterpe-Angebot auch in diesem Jahre wieder eine besondere Note gab, war ein ausgewogenes Programm an Instrumenten in Stilausführungen neben solchen in klassischer und moderner Schönheit. Der Trend zum Stilinstrument hat bei Euterpe nicht zuletzt deshalb einen so günstigen Nährboden gefunden, weil in diesem Unternehmen bei aller Modernität der technischen Mittel noch betont handwerklich gearbeitet wird“. (4)

1981. „Am Messestand von Euterpe … waren unter den 20 Pianos und sieben Flügeln Modelle, an die man sich wegen der Schönheit des Holzes besonders erinnert: deutsche Eibe, westfälische Kirsche und Mahagoni so bearbeitet, daß die natürliche Farbe des Holzes leuchtete; etwa bei den Flügeln 168 F Chippendale-Barock, 190 F Sheraton, sowie den Pianos 112 und 123“. (3)

Für die 4 großen Marken der Langlauer Firma Euterpe bot 1981 der neue, wesentlich vergrößerte Messestand einen ausgezeichneten Rahmen für dieses stilvolle Programm an Pianos und Flügeln. Die Erweiterung der Fabrikationsräume und die dadurch nicht zuletzt bedingte Steigerung der Produktion um mehr als 6% im vergangenen Jahr haben das ihre auch zu dem wohl einmalig schönen Messeprogramm beigetragen. Heben wir nur zwei Beispiele aus dem Klavierbereich hervor, einmal das elegante Euterpe-Modell 114 Louix XVI im frühklassizistischen Stil und das W. Hoffmann Modell H114 Bergisch Barock mit seinen dezenten Einlagen im Ober- und Unterrahmen und seiner zarten Linienführung am Spieltisch und den Beinen. Die gleiche ansprechende gestalterische Linie in der Gehäuseform findet man bei den beiden neuen W. Hoffmann Modellen 114/11 in Eibe und Westfälisch, das letztere jetzt in einem schönen Kirschbaumgehäuse. Von den Flügeln seien besonders erwähnt der Feurich-Flügel, Modell 190, in sehr schön gezeichneter Eibe, an der Zarge mit einem dezenten Fries und die tragenden Füße rund und wohl gedrechselt“. (4)

Bis 1994 wurde in Langlau gebaut, dann in Tschechien, danach von Samick (Korea). Und heute?

 

Einen wunderbaren Artikel schrieb Klavierbauer
Ewald Lang aus Großostheim, herzlichen Dank dafür.

Als Lehrjunge bei Fa. Haegele, Aalen im Schwabenland

Auf Vermittlung eines Klavierhändlers, meinem späteren Arbeitgeber, trat ich 1966, 17 Jahre jung, eine Lehrstelle im Schwabenland an. Das Fabrikat Haegele war wegen seiner hohen Qualität und der Zuverlässigkeit der Firma das hochgeschätzte Fabrikat dieses Händlers.
Vor Beginn meiner Lehre nahm er mich mit nach Aalen zu einem Antrittsbesuch. Das Gebäude wirkte auf mich so altehrwürdig, wie ich die Pianomanufaktur als Lehrling auch erlebte.
Zuerst wurden wir in das Büro gebeten. Das Türschild zum Büro trug noch die Aufschrift „Kontor“. Der Seniorchef, Herr Burger führte uns durch die überschaubaren Produktionsräume. Sie hatten die Kaiserzeit noch erlebt und atmeten einen morbiden, konservativen Charme. Ein konservatives Beharrungsvermögen war der Garant für die hohe Qualität, erfolgte aber auf Kosten der Rationalität und letztlich auch der Lebensfähigkeit der Firma. Akkordarbeit wurde vermieden, dafür bestand ein Prämiensystem für mehr geleistete Arbeit. „Akkord ist Mord“ pflegte der Werkmeister zu sagen.
Die Belegschaft bestand aus dem Werkmeister, 14 Arbeitnehmern und zwei Lehrlingen. Sie produzierten am Tag ein Klavier.

Nach dem II. Weltkrieg waren die Räume, die Möbel und die Geldbeutel klein. Die Klavierhersteller passten sich dem Trend an und bauten Kleinklaviere, unter deren Konstruktionsmängeln, wie heulenden Saiten, die Stimmer noch heute zu leiden haben. Haegele brachte 1953 drei Neukonstruktionen auf den Markt. Das kleinste Klavier war 98 cm hoch und galt als klangvollstes Klavier unter einem Meter. Was ihm wegen geringer Bauhöhe an Saitenlänge fehlte, glich es in der Breite von 151 cm aus. Das meistverkaufte 107 cm hohe Klavier war ausgeglichen und klangvoll. Seit den 1960er Jahren lieferte Haegele dieses Modell unter dem Namen „Berdux“ an das renommierte Pianohaus Lang in München. Eine Besonderheit in der Ära der Kleinklaviere war das 125 cm hohe große Modell, das klanglich mit einem Stutzflügel mithalten konnte.

Ich durchlief alle Produktionsabteilungen, den Rastenbau, das Bodenmachen, das von Hand betriebene Stegabstechen, das Einrichten der Klaviatur. Zum Aufreiben der Tastenböden gab es ein praktisches Handbohrgerät mit seitlicher Kurbel. Das Gerät war mit dem Spannfutter nach oben befestigt, worin das Metallteil eines Tastenboden – Aufreibers eingespannt war. Das Tastendrücken mit einer Druckzange ohne Übersetzung war oftmals mühevoll.
Das Beziehen der Rasten musste ich längere Zeit üben, ebenso das viermalige Zwicken der jungen Saiten. Die meisten Arbeitsgänge verrichte jeweils eine Person. Jeder Arbeiter war in zwei Arbeitsschritten geschult um bei Ausfällen einspringen zu können.
Einen besonderen Luxus leistete sich Haegele bei der schonenden Trocknung der Resonanzböden.
Nach alter Väter Sitte befand sich an der Decke des längsten Produktionsraumes eine „Bammelage“, ein Hängeregal, in dem eine große Anzahl von Resonanzböden stand, die mehrere Jahre bei Raumtemperatur natürlich trocknen konnten.

Am Zusammensetzen der Mechanik arbeiteten drei gelernte Klavierbauer. Hier war ich lange Zeit beschäftigt und übte mich in Präzisionsarbeit. Sehr akkurat und mit viel Mühe verbunden war auch die Lehre beim Ausarbeiter, der auch vorintonierte. Sauberes Regulieren war eine Grundvoraussetzung für den später ausgeübten Beruf.
Das Fertigintonieren übernahmen der Seniorchef, der den Instrumenten eine weiche, zurückhaltende Klangfarbe verlieh. Der Werkmeister verstand es, durch seine besondere Methode den Instrumenten Brillanz und Tonfülle zu verleihen. Jeder Händler bekam die von ihm bevorzugte Intonation.
Viel Geduld (auch vom Meister) erforderte das Stimmen. Anfangs war dies ein mühevolles Unterfangen. Mit der Zeit und viel Übung kam ich einer brauchbaren Stimmung immer näher.
Zum Abschluss meiner Lehrzeit gab mir der Werkmeister die Hand und sagte: „Jetzt kann man dich getrost auf die Menschheit loslassen und du wirst nie arbeitslos werden.“ Er hat recht behalten!“

Nach nunmehr 56 Jahren in unserem schönen Klavierbauerberuf bereitet die Arbeit und der Kontakt mit intelligenten, musischen Menschen immer noch viel Freude und erhält fit.
1971 hat die Fa. Hägele ihren Betrieb eingestellt. Der Name Haegele wurde noch lange von der Klavierfabrik Euterpe auf eigenen Modellen weitergeführt, bis auch Euterpe seine Produktion im Stammhaus 1994 einstellte.

Ich pflege die Haegele Klaviere noch heute mit viel Anerkennung für Leitung und Produktion. Meine Lehrzeit im Schwabenland war für mich ein maßgeblicher Meilenstein in meinem Leben.

Ewald Lang, Klavierbauer BDK, in Großostheim im bayrischen Unterfranken.

Quellenangabe:
(1) Lieveverbeeck
(2) Zeitschrift für Instrumentenbau
(3) Instrumentenbau-Zeitung
(4) Das Musikinstrument
(5) Klavierlexikon, H. Henkel
(6) Reichspatentamt