Weidig, Carl und Georg

Weidig, Carl; Pianofabrik in Jena, 1843 – 1920

Eigentlich müsste die Firma „Weidig, Christoph“ heißen. Er gründete 1843 in Jena die Firma „C. Weidig“. 1857 trat Carl Weidig (ob ältester Sohn oder Bruder des Christoph, ist ungeklärt) als Teilhaber ein und führte nach dem Tode des Gründers das Unternehmen gemeinsam mit Georg Weidig weiter. Die Firma, jetzt Carl Weidig, baute Pianinos und Flügel und beteiligte sich an der Weltausstellung 1888 in Melbourne. Im gleichen Jahr erhielt sie den Titel einer Hofpianofortefabrik durch den Großherzog von Sachsen-Weimar.

Weidig, C.

1883 übernahm Max Heinrich Otto Weidig, ein Sohn des Gründers, die Firma. Carl Weidig starb 1893.
„In der altrenommierten Hofpianofabrik von C. Weidig in Jena, deren Fabrikate heute überall auf dem Weltmarkte Absatz gefunden haben, wurde vor kurzem (Anfang 1904) das 10.000 Instrument – ein prächtiger Salonflügel – fertiggestellt“.
„Am 27. September 1907 waren 50 Jahre verflossen seit dem Tage, an welchem der Werkführer Herr Carl Weidig in das Weidigsche Geschäft, jetzige Hof-Pianofortefabrik von C. Weidig in Jena eingetreten war“.
Der Nachruf für Max Weidig:

Am 2. März 1919 ist „der Hof -Pianofortefabrikant Herr Max Weidig aus Jena, ein angesehener und allgemein beliebter Fachgenosse, nach kurzer schwerer Krankheit verschieden. Er starb, fern von seiner thüringischen Heimat, in Regensburg, wo er sich im letzten Jahre mit kurzen Unterbrechungen aufhielt, um die Interessen seines Neffen Adolf Wasmann i. Fa. Georg Weidig, der sich noch im Heeresdienst befand, wahrzunehmen. Zu Anfang Februar erkrankte er hier an Grippe und Lungenentzündung, der er nach drei Wochen erlag. Allzufrüh, erst im 59. Lebensjahre stehend, ist er von hinnen geschieden, tief betrauert von seinen Geschwistern und nahen Verwandten sowie von zahlreichen Freunden und Fachgenossen, die diesen schlichten, tüchtigen und seltenen Menschen kennen und schätzen gelernt hatten.
Max Weidig wurde am 16. Januar, 1860 als zweitjüngster Sohn des Pianofortefabrikanten C. Weidig in Jena geboren, dessen im Jahre 1843 unter bescheidenen Verhältnissen gegründete Pianofortefabrik sich aus kleinen Anfängen mit den Jahren zu großer Blüte entwickelte. Seine Ausbildung als Klavierbauer genoß Max Weidig im väterlichen Geschäft, das sich schon damals eines guten Rufes erfreute. Zu seiner weiteren Ausbildung war er dann noch mehrere Jahre im Auslande tätig. Nach dem im Jahre 1883 erfolgten Tode des Vaters übernahm er mit 23 Jahren die Leitung der väterlichen Fabrik. Jahrelang war sein Bruder G e o r g mit ihm zusammen im väterlichen Geschäft tätig, bis dieser im Jahre 1910 zur Gründung einer eigenen Fabrik nach Regensburg übersiedelte, wo er am 15. August 1915 verstarb.

Weidig, Anzeige

Alle Bestrebungen, die der Hebung und Förderung der Gesamtinteressen der deutschen Klavierindustrie dienten, fanden in Max Weidig stets einen uneigennützigen, hilfsbereiten Freund und Förderer. So fehlte er auf keiner Tagung der Berufsgenossenschaft und des Vereins Deutscher Pianofortefabrikanten, und bis zu seinem Tode bekleidete er das Ehrenamt eines Delegierten der Berufsgenossenschaft der Musikinstrumenten-Industrie. Im Jahre 1893 konnte er das 50jährige Jubiläum der Firma C. Weidig begehen, und hätten die Kriegswirren nicht dazu geführt, daß er im Jahre 1917 das gesamte Fabrikgrundstück an die Firma Carl Zeiß in Jena verkaufte, so hätte er 1918 auch noch das 75jährige Bestehen seiner Firma feiern können.
Wie Max Weidig bei seinem schlichten und bescheidenen Wesen nie nach außenhin glänzen wollte, so widerstrebte es ihm auch stets, daß um seine Person viel Aufhebens gemacht wurde. Dagegen war er anderen stets ein hilfsbereiter Berater und selbstloser Helfer. Still und bescheiden; aufopfernd, wahr und treu, das waren die hervorleuchtenden Grundzüge seines Charakters. Auf ihn paßt so recht das Goethe’sche Wort: Edel sei der Mensch; hilfreich und gut, denn das allein unterscheidet ihn von allen Wesen, die wir kennen. Seine sterblichen Überreste wurden von Regensburg nach Jena überführt, wo er am 8. März eingeäschert wurde. Die Asche wurde im Familienbegräbnis beigesetzt. Das Schicksal hatte Max Weidig nur eine kurze Ausspanne nach langen, anstrengenden, aber erfolgreichen Arbeitsjahren vergönnt. Ehre seinem Andenken!“
Die Firma C. Weidig in Jena wurde 1920 handelsgerichtlich gelöscht.

Weidig, Georg, Regensburg, 1890 – 1929

Der Prinzregent Luitpold des Königreiches Bayern eröffnete am 14. Mai 1896 die bayrische Landesausstellung in Nürnberg. Die Ausstellung erhob sich auf dem ehemaligen Maxfelde. „Das Industrie-Hauptgebäude ist ein mächtiger Bau von imposanter Größe“.

G. Weidig, die „großherzogl. sächs. Hofpianoforte-Fabrik“ stellte drei Instrumente aus: „einen Salonflügel aus amerikanischem Nußbaumholz mit ergiebigem Ton und elastischer Spielart und ein Piano im Barockstyl, in feinstem amerikanischem Maser-Nußbaum, von eigenthümlicher hoher Form (Giraffe), was an die alten aufrechten Flügel erinnert. Das auf Bestellung gebaute Instrument kann frei gestellt werden, weil an der Rückwand eine Ruhebank vorgesehen ist. Der Oberrahmen ist in 14 kleine, mit Säulen verbundene Felder eingetheilt, wovon sich 7 Stück mittelst Kniedrücker, der unter dem Stuhlrahmen angebracht ist, leicht öffnen und schließen lassen. Hierdurch tritt der Ton besonders stark hervor. Saubere Ausführung, starker Ton und leichte Spielart geben dem Piano noch besonderen Werth. Das dritte Klavier, ein Salon-Pianino in Nussbaum matt und blank, mit sehr hohem Aufsatz, hat runden gesangreichen Ton und elastische Spielart“. Das Unternehmen erhielt auf der Ausstellung eine Bronzemedaille und 1910 in Regensburg die Staatsmedaille.

Weidig, G.

Im Jahre 1899 kaufte Georg Weidig die Pianohandlung in Landshut von F. X. Graßl, und führte sie als Filiale weiter.
1902 stellte die Pianofabrik G. Wechsung in Braunschweig eine „neue“ Repetitions-Mechanik vor. Doch war diese tatsächlich neu? „Diejenigen unserer Leser, welche der in der Nr. 24 veröffentlichten Beschreibung einer neuen Repetitions-Mechanik der Firma Wechsung in Braunschweig ihre Aufmerksamkeit geschenkt haben, wird es interessiren, zu hören, daß genau das gleiche Prinzip für eine Pianino-Mechanik bereite im Jahre 1899 von Herrn Hofpianofabrikant Georg Weidig in Regensburg erfunden und angewendet wurde. Derselbe sendet uns soeben ein älteres, und zwar das erste Modell, welches damals nach den Angaben des Herrn Weidig in der Mechanikfabrik von Driver & Toepfer in Leipzig-Neuschönefeld ausgeführt wurde. Wie Herr Weidig uns mittheilt, hat er seiner Zeit von einer Patentirung abgesehen, weil er von befreundeter Seite zufällig darauf aufmerksam gemacht wurde, daß diese selbe Konstruktion bereits 1888 in dem Buche von Siegfried Hansing veröffentlicht worden und deshalb nicht mehr patentfähig sei.Weidig, PorträtIn München wurde 1902 eine Zweigniederlassung der Firma Georg Weidig im Handelsregister eingetragen.
Am 19. August 1915 verschied nach längerem Leiden, jedoch schnell und unerwartet, im 52. Lebensjahre der Hof-Pianofortefabrikant Herr Georg Weidig in Regensburg. Die irdischen Überreste des Verblichenen, eines Bruders des Hof-Pianofortefabrikanten Max Weidig i. Fa. C. Weidig in Jena, wurden nach Jena überführt“.

Nach der kurzen Meldung folgte ein ausführlicher Nachruf:
Am 19. August verschied … der Großh. Sächs. Hof-Pianofortefabrikant Herr Georg Weidig, Inhaber der Firma Georg Weidig, Pianoforte-Fabrik, Piano- und Harmonium-Handlung in Regensburg. Er starb in München, wo er Heilung von einem schweren Herzleiden suchte, schnell und unerwartet an einem Schlaganfall. Allzufrüh, noch vor der Vollendung des 52. Lebensjahres, ist Georg Weidig seinem Berufe, an dem er mit Leib und Seele hing, entrissen worden, tief betrauert von seiner Gattin und seinen nahen Anverwandten sowie von allen Fachgenossen, die den schlichten und tüchtigen Mann kennen und schätzen gelernt hatten.

Georg Weidig wurde am 30. Oktober 1863 als jüngster Sohn des Pianofortefabrikanten Christof Weidig in Jena geboren. Er genoß seine Ausbildung als Klavierbauer in der väterlichen Fabrik, die sich schon damals eines guten Rufes erfreute. Dann war er zu seiner weiteren fachlichen Fortbildung mehrere Jahre im Auslande tätig, bis er durch den Tod des Vaters noch in jungen Jahren wieder in die Heimat zurückgerufen wurde. Während sein älterer Bruder Max die unter der Firma C. Weidig bekannte angesehene väterliche Fabrik in Jena übernahm, siedelte er im Jahre 1890 nach Regensburg in Bayern über, wo er die Klavierhandlung von L. Philipp, Obermünsterstraße 21, käuflich erworben hatte.

Georg Weidig führte das Philipp’sche Geschäft nunmehr unter seinem Namen weiter, und dank seiner vielseitigen Begabung gelang es ihm, das anfangs kleine Geschäft bald zu hoher Blüte zu bringen. Neben dem Klavier- und Harmonium-Magazin in der Obermünsterstraße, das durch die ihm übertragenen Vertretungen erstklassiger Fabrikate einen bedeutenden Aufschwung nahm, errichtete er in der Margaretenstraße 6a eine eigene Pianofortefabrik mit modern eingerichteten Arbeitsräumen und eigenem Gleiseanschluß. Die Fabrik entwickelte sich unter seiner tüchtigen fachmännischen Leitung und dank seinen streng soliden Geschäftsgrundsätzen in der erfreulichsten Weise, und da ihm die Qualität seiner Instrumente über allem stand, so fanden diese im Lande auch bald einen recht guten Absatz. Ja, die Nachfrage wuchs in solchem Umfange, daß er in Landshut und Passau noch Filialgeschäfte errichten konnte. Da der Kundenkreis der Fabrik fast ausschließlich aus einer guten, einheimischen Privatkundschaft besteht, so konnte auch während des Krieges bisher ein recht befriedigendes Geschäft gemacht werden. Georg Weidig faßte seinen Beruf, an dem er sein ganzes Leben lang mit großer Lust und Liebe hing, in erster Linie als Künstler auf. In ihm verkörperte sich noch so recht der ideale Typus des denkenden deutschen Instrumentenmachers von altem Schrot und Korn. Unermüdlich in seinem Kunstberufe, hat er an den verschiedensten Problemen des Klavierbaues immer im Stillen gearbeitet, wie uns so mancher Briefwechsel beweist, den wir im Laufe der Jahre mit den Verewigten geführt haben. Noch vor zwei bis drei Jahren tauschte er seine Meinung mit uns über ein praktisches Dirigenten-Pultklavier aus, ein Problem, dessen Lösung ihm in überaus glücklicher Weise gelungen war. Wie sehr ihm sein Beruf als Instrumentenbauer am Herzen lag, das geht aus einer Äußerung hervor, die er zu seiner Gattin tat, mit der er im Mai 1890 den Bund fürs Leben geschlossen hatte. Als diese ihm einmal den Vorschlag machte, sich doch das Leben zu erleichtern und die Fabrikation in andere Hände zu geben, da sie ja keine Kinder hätten, gab er ihr zur Antwort: „Es würde mich beschämen, nur mit Klavieren zu handeln, wenn ich selbst welche bauen kann.“ Diesem Grundsatze ist er bis zu seinem Lebensende treu geblieben.
Leider war es Georg Weidig nicht vergönnt, die Früchte seines Fleißes zu genießen, und das Geschäft, für dessen Ruf und Gedeihen er so viel getan, steht nun ohne einen leiblichen Erben und Nachfolger da. Seine Witwe, Frau Anna Weidig, gedenkt das Klavier- und Harmonium-Magazin unter der bewährten Leitung langjähriger treuer Mitarbeiter weiterzuführen, das gutgehende Fabrikgeschäft aber zu verkaufen, wenn sich ein geeigneter Fachmann als Käufer findet. Die irdischen Überreste Georg Weidig’s wurden nach seinem thüringischen Heimatsorte Jena überführt, wo die Einäscherung am 23. August stattfand. Ehre seinem Andenken!“

Inhaberin der Firma wurde nach dem Tode von Georg Weidig, seine Frau Anna, die „Hofpianofortefabrikantenswitwe“.
Die Zweigniederlassung in Landshut wurde 1916 „aufgehoben“.
Die Firma Georg Weidig, Hof-Pianofortefabrik in Regensburg, ist nach dem am 14. April 1918 erfolgten Tode der Inhaberin, Frau verw. Anna Weidig, laut letztwilliger Verfügung in den Besitz des Neffen der letzteren, Herrn Adolf Wasmann, übergegangen, der auch bereits am 1. Mai d. J. als Inhaber der Firma im Handelsregister eingetragen wurde“.

Wer einen Besuch in Jena plant, der kann auf dem alten Friedhof die Grabstelle von Georg Weidig aufsuchen. Sie befindet sich neben der Grabstelle von Carl Zeiss. Ganz in der Nähe liegt ein weiterer Jenaer Pianofortefabrikant begraben: Karl August Franz Glaser aus der Firma „Gebr. Glaser“.