Dieter's Klavierseiten

Datenarchiv des Klavierbaus

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Pfister, Nikolaus

Pianofortefabrik Würzburg, 1800 – 1945

Pianofortefabrik Pfister, sie bestand immerhin 145 Jahre –
der Name Pfister soll nicht vergessen sein.

Aus der Chronik des Kurfürstenthums Würzburg von 1806:
Jacob Pfister verlegte sich „anfänglich auf das Schreinerhandwerk. … Unter solchen Verhältnissen war es zu Anfang des 19. Jahrhunderts für einen Jünger des Instrumentenbaues nicht leicht, mit einem neubegründeten Geschäfte emporzukommen und Anerkennung zu finden. Wenn das dem Meister Jacob Pfister gelang, so beweist das nur, welch tüchtiger und geschickter Instrumentenbauer er gewesen sein muß. Wußte er doch selbst mit der damals so mächtigen und berühmten Wiener Fabrikation erfolgreich in Wettbewerb zu treten“. (1)

Pfister

Neue fränkische Chronik von 1807:
„Pfister, Jakob, Bürger und musikalischer Instrumentenmacher zu Würzburg, am 1. Jänner 1770 zu Opferbaum im großherzogl. würzb. Amte Arnstein geboren … Auf seinen Wanderungen, wo er besonders in Mainz, Mannheim und Wien bey mehreren musikalischen Instrumentenmachern als Geselle in Arbeit kam und unter andern das Glück hatte, bey einem Walther, Brodmann und Rosenberg zu arbeiten, neigte er sich endlich bloß auf die Verfertigung musikalischer Instrumenten. Seit dem Jahre 1800, von wo an er das Bürgerrecht nebst der Erlaubniß zu arbeiten erhalten hat, verfertigte er sowohl für seine Landsleute, als für das Ausland (unter andern nach Regensburg, nach München, und in mehrere Städte am Rhein) eine nicht unbeträchtliche Anzahl (gegen 80) Fortepiano’s sowohl in Flügel als in Querform, welche in Hinsicht der Güte des innern Mechanismus, der Reinheit, Gleichheit und Stärke des Klangs, und der Leichtigkeit, womit sie zu spielen sind, sich nicht nur mit den besten Wiener’schen Instrumenten dieser Art messen können, sondern manche darin sogar übertreffen.“ (1)

Bayerische Volksfreund von 1838:
„In Würzburg ist der geschickte Klaviermacher Jakob Pfister der Aeltere, dessen Instruments sich eines grossen Rufes und ausgebreiteten Absatzes erfreuten am 28. Januar 1838 gestorben“. Sein Neffe Martin Pfister übernahm dann das Geschäft, er „hatte leicht zu arbeiten, die schon überall beliebten Instrumente noch mehr zu vervollkommnen. Die Flügel von Martin Pfister mit selbstgeschmiedetem Eisenrahmen, die schräg-saitigen Pianos mit geteiltem Resonanzboden und viele andere Neuheiten in der Fabrikation fanden großes Interesse bei Fachleuten“. (1)

Eine Bekanntmachung aus dem Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs Bayern 1838:
„Die in der Verlassenschaftsmasse des Clavier Jakob Pfister noch vorhandene Aeoline, dann die noch vorhandenen fünf Clavierkästen mit Claviaturen und die vielen noch in der Original-Verpackung vorräthigen Clavier-Saiten von Messing und von Stahl werden … an welchem Tage die Versteigerung der Jakob Pfisterischen Häuser vorgenommen wird, gleichfalls zum öffentlichen Striche gebracht; hierzu ladet die Liebhaber, so wie die Herren Clavier-Instrumentenmacher höflichst ein“. (1)

Aus einer Zeitschrift Mnemosyne (?) von 1843:
„Herr Liszt spielte abwechselnd auf einem Wiener und einem Pfister’schen Flügel; beide sind höchst ausgezeichnete Instrumente, und wir können nicht umhin, zu erwähnen: Herr Liszt habe sich sehr vortheilhaft über den erwähnten Pfister’schen Flügel, so wie über ein Piano-Piccolo von demselben Meister, (welches Herr Liszt zum Private Gebrauche hatte), ausgesprochen und Ton, Mechanik, besonders aber die Spielart beider Instrumente gelobt und sich über die billigen Preise derselben gewundert. Die von dem Künstler gespielten und also von ihm eingeweihten Instrumente können den künftigen Besitzern nun doppelt lieb seyn.“ (1)

Pfister
Anzeige aus dem Jahre 1870

>Martin Pfister übernahm 1838 das Geschäft, das er 1864 seinem Sohne Nikolaus übergab.

Pfister

Nikolaus Pfister baut etwas mehr als 1.000 Tafelklaviere und Pianinos, die recht gesucht waren. 1880 gibt er die eigene Produktion auf und betreibt nur noch eine Pianohandlung. Die Pianohandlung erhielt 1891 den „Kgl. bayr. Hoflieferant“-Titel.
„1890/92 übernahm der Sohn Martin die Leitung der Pianohandlung, er wurde nach dem Tod des Vaters Alleininhaber, behält aber dessen Firmierung bei. Im Aug. 1897 beginnt Martin Pfister wieder mit eigener Produktion“. (3)

„Am 13. März 1896 starb in Würzburg nach kurzem, schweren Leiden der kgl. Hoflieferant Herr Nicol. Pfister. Geboren am 5. Juli 1837. … Der Verstorbene übernahm von seinem Vater Martin Pfister im Jahre 1864 das … Klavierfabrikations-Geschäft, und es waren seine Fabrikate, vornehmlich seine kreuzsaitigen Tafelpianos und Pianinos, sehr gesuchte Instrumente. Er hat deren über tausend Stück fabrizirt. Er war alleiniger Vertreter von Blüthner, Steingraeber, Berdux etc. für Unterfranken, einen Theil Badens und Württembergs“. (2)

1897 folgte ein weiterer Hoflieferanten-Titel für Martin Pfister von „ Sr. Königl. Hoheit dem Prinzregenten von Bayern. Er hat vielen Wünschen Rechnung tragend, neben seinem reichhaltigen Lager aller berühmten Fabrikate sich entschlossen, wieder die Fabrikation von kreuzsaitigen Pianinos selbst zu betreiben. Die Pianinos sollen tonlich recht gut gelungen sein“. (2)

Martin Pfister hatte 1900 „ein älteres Tafelpiano aus der Gründungszeit der Firma zurückgekauft und solches renovirt. … Das Tafelpiano wurde im Jahre 1800 von dem Großonkel des Herrn Pfister, dem damaligen hochfürstl. toscanischen Hofinstrumentenmacher Jakob Pfister gebaut. … Das Instrument wurde in Anbetracht des im Juli des Jahres zu feiernden 100-jährigen Geschäftsjubiläums erworben“. (2)

Im „Hotel zum Schwan“ feierten 1900 der Kgl. Hoflieferant mit bekannten Persönlichkeiten aus der besseren Gesellschaft und Ehrengästen, am nächsten Tag mit dem Personal und seinen Arbeitern, das große Geschäftsjubiläum. Alle wünschten „der alten renommirten Firma ein weiteres Blühen und Gedeihen“. (2)
Die Würdigung zum 100jährigen Geschäfts-Jubiläum:
„Nur klein ist die Zahl der Firmen des deutschen Instrumentenbaues, die auf ein Bestehen von hundert Jahren zurückblicken können, und unter diesen wieder sind es nur einige Wenige, die sich rühmen dürfen, ein volles Jahrhundert hindurch bis auf den heutigen Tag in derselben Familie verblieben zu sein. Zu diesen wenigen vom Schicksal Auserwählten gehört die Firma N. Pfister … Freilich waren die Anfänge vor 100 Jahren … zum Vergleich mit heute nur klein und bescheiden. Wie die ganze industrielle Entwicklung Deutschlands in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter dem lähmenden Einflüsse der politischen Verhältnisse nur ganz langsam von Statten ging, so bewegte sich auch der Klavierbau, was die Produktion anbelangt, nur in bescheidenen Verhältnissen. … Wien war damals der Sitz der Klavierfabrikation und beherrschte mit seinen Instrumenten, namentlich seinen Flügeln, den gesummten deutschen Markt. Was außerhalb Wiens im Reiche gebaut wurde, waren vorwiegend Tafelklaviere“. (2)

Der Katalog von 1901 „zeigte 6 neue Pianino-Modelle und 1 Flügel-Model und auch ein Salon-Pianino im Jugendstyle“. (2)
„In ihrem neuen Kataloge von 1903 führt die Firma … eine Reihe neuer Modelle von Flügeln und Pianos, sowie mehrere Ansichten ihrer Fabrikations-, Verkaufs- und Lagerlokalitäten in schönen photographischen Reproduktionen (Autotypien) vor. Von den 15 Piano-Modellen seien einige reich ausgestattete Instrumente im Renaissaoce-Styl, sowie mehrere moderne Pianos in gediegenem, nicht übertriebenem Jugendstyle besonders horvorgehoben“. (2)

1906 erfolgte eine neue Firmierung: „N. Pfister Flügel- und Pianofabrik, Kgl. Hoflieferant.“ (2)

Zur Ausstellung 1906 in Nürnberg waren ein Flügel und sechs Pianinos mit der älteren Resonanzboden-Konstruktion (nach dem System Mohr) zu bewundern, mit Erfolg: Eine Bronzen-Medaille.
Anmerkung zum System Mohr: Der Klavierbauer und -Händler W. Mohr in Freiburg i. B. hat 1897 auf einen Resonanzbodensteg an Klavieren mit oberer Verbreiterung gegen den schwingenden Theil der Saiten hin unter No. 69732 D. R. Gebrauchsmusterschutz erhalten.

Pfister
Katharina

Ein altes bayrisches Hammerklavier im Deutschen Museum zu München:
„Im Mai 1907 fand auf Veranlassung des Oberbaurates Dr. von Miller ein von Jakob Pfister in Würzburg im Jahre 1800 erbautes Hammerklavier in Anbetracht seines interessanten Baues, sowie als ältestes bayerisches Fabrikat Aufnahme in das Deutsche Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik in München.  (2)

Detaillierte Beschreibung des Tafelklaviers von Jacob Pfister:
„Einschätzung: Das Instrument gehört nach Größe, Klaviaturumfang, Mechanik, Rechtsstimmigkeit und Möbelstil zu den frühen Arbeiten Pfisters und dürfte in den ersten Jahren der Werkstatt bis spätestens etwa 1810 entstanden sein. In der Konstruktion, der handwerklichen Qualität der Ausführung und in der Ausstattung ist es den besten Wiener Arbeiten dieser Zeit ebenbürtig, bestimmt für einen guten bürgerlichen Haushalt.

Pfister
Individualgeschichte: In allen wesentlichen Teilen original erhalten, nur die Wirbel, die Besaitung und die Dämpferbüschel erneuert. Das Porträt des Erbauers auf der Innenseite des Deckels ist vermutlich erst von Martin Pfister um 1900 angebracht worden.
Das Instrument wurde vom Urgroßneffen des Erbauers, Martin Pfister … im Jahre 1906 dem Deutschen Museum als Stiftung angeboten. … Martin Pfister hatte im Frühjahr 1900 im Hinblick auf das einhundertjährige Jubiläum der Firma ein Tafelklavier des Gründers zurückgekauft, das er auf 1800, also in das erste Jahr des Bestehens der Werkstatt, datierte. Nach dem Foto und der Beschreibung (Zfl, Band 21, S. 3) handelt es sich um ein sehr ähnliches, jedoch nicht um das gleiche Instrument. Es ist ebenfalls in Kirschbaum furniert, vom mit abgeschrägten Ecken, mit gleichem Klaviaturumfang und wohl auch in gleicher Größe. Übereinstimmend sind ferner die Dämpfung, der Schalldeckel über den Saiten, die Form des Notenpultes und die Form der Klaviaturwangen. Zum Unterschied vom Münchener Instrument ist die rechte seitliche Klaviaturwand deutlich dicker als die linke und das Klavier hat eine Lyra mit drei Pedalen, die Füße sind achteckig mit angepaßten Fußklötzen, das Singnaturschild ist oval und das Schlüsselschild hat eine andere Form. Die ersten beiden Unterschiede zeigen, daß es sich wahrscheinlich um ein später entstandenes Instrument handelt“. (4)

Ludwig Pfister, Sohn von Martin Pfister, erhielt 1917 das „König-Ludwig Kreuz“ für freiwillige Krankenpflege verliehen. Tragödie des Krieges: Er starb noch im Juli im Alter von 19 Jahren. „Ein junges, hoffnungsvolles Leben ist mit ihm in der Frühlingsblüte der Jahre, zum tiefsten Schmerze der Seinen, ausgelöscht worden“. (2)

Pfister
Anzeige vom Jahre 1924

1925 folgte das 125-jährige Geschäfts-Jubiläum, „… mit der Feier war eine Ausstellung althistorischer Pfister-Instrumente verbunden. … Möge die altangesehene Firma sich immer weiter entwickeln, und ihr auch in Zukunft ein weiteres Blühen und Gedeihen beschieden sein“. (2)
Fünf Jahre später, 1930, blickte die Firma auf ihr 130-jähriges Bestehen zurück.
Wie bei den vergangenen Jubiläen war wieder eine Ausstellung ihrer alten Meisterinstrumente zu besichtigen.

Pfister

„Außer dem alten Hammerklavier vom Deutschen Museum in München aus dem Jahre 1800, sind noch vorhanden: ein alter Knieflügel vom Jahre 1808, ein Flügel vom Jahre 1800, ein aufrechtstehender Flügel mit Aeoline vom Jahre 1829, ein nach oben abgestutzter Flügel, vierpedalig vom Jahre 1832 mit Harfenzug, Pauken- und Glockenspiel, ein geschweiftes schrägsaitiges Biedermeier-Piano von 1839, ein geradsaitiges Piano vom Jahre 1848 und ein gotisches Piano geradsaitig aus dem Anfang der sechziger Jahre. … Martin Pfister … hat auch in der Fabrikation seiner Erzeugnisse sich viele dauernde Freunde erworben, so daß auch seine Instrumente in ersten Künstlerkreisen sich großer Beliebtheit erfreuen. Möge die altbewährte Firma sich immer weiter entwickeln, möge sie ferner blühen und gedeihen“. (2)

Pfister
Piano Foerster

Martin Pfister vollendete 1935 sein 70. Lebensjahr. „Der Jubilar entstammt einer alten Klavier- und Orgelbauer-Familie, die bereits in der fünften Generation das Geschäft besitzt. … Er hat es zu einer bedeutenden Spezialfirma ausgestaltet und ein sehenswertes historisches Museum von Pfister-Instrumenten angegliedert“. (2)

Pfister

1940 beging Martin Pfister seinen 75. Geburtstag und das 140-jährigen Bestehen der Firma. Im Jahre des 145-jährigen Bestehens endete die Geschichte der Pianofabrik durch den furchtbaren Bombenangriff am 16. März 1945. – Martin Pfister geb. 1856, starb 1951.

Quelle:
1 Lieveverbeeck
2 Zeitschrift für Instrumentenbau
3 Henkel
4 „Besaitete Tasteninstrumente“, Hubert Henkel, Verlag Erwin Bochinsy, Seiten 231 ff.