Schröther, Reinhold
Pianofortefabrik in Berlin, 1914-1934
„Reinhold Schröther ist um 1889 geboren, er arbeitet zuletzt bei Carl Bechstein und ist bei Gründung seiner Firma 1914 erst 25 Jahre alt. (H. Henkel)
Am 1. Juli 1914 wurde die Berliner Pianofortefabrik von Reinhold Schröther, in Charlottenburg, Knobelsdorffstraße 9 gegründet. (Charlottenburg wurde erst 1920 nach Berlin eingemeindet). Die Produktion begann mit einem Stutzflügel, 1.55 m und fünf Pianomodellen und einem Flügel „mit einer zum Patent angemeldeten Neuerung (Mechanik Schroether-Erard) versehen. … Der Text des Kataloges ist in deutsch, englisch und französisch abgefaßt“. Sehr kurze Zeit später gerieten die Handelsbeziehungen ins Wanken.Zur Frühjahrsmesse 1921 in Leipzig stellte die Berliner Flügel- und Pianofabrik „ihren kleinsten Flügel der Welt (nur 1,25 m lang), der … ob seiner überraschenden klanglichen Qualität großes Interesse in Fachkreisen erweckte, neben ihren anderen Fabrikaten (Flügel 1,57 m lang, Pianos 1,30 m hoch)“ aus.
Die Herbst-Messe 1923 zeigte zwei Flügel in Polisander von 1,29 m und einen in schwarz von 1.55 m Länge. „Ganz besonders dürfte die neue Konstruktion des kleinen Flügels interessieren. Beide Flügel sind mit der patentierten wirklich reibungslos funktionierenden Schröther-Erard-Repetitionsmechanik, von welcher ein Modell besonders aufgestellt wird, ausgerüstet“ Besonderes Interesse dürfte die neuartige Konstruktion des 2-m-Flügels erweckt haben.Frühjahrsmesse 1925, „Neben Pianinos und Flügeln, darunter den `Kleinsten Flügel` der Welt, zeigt sie diesmal einen neuen Flügeltyp von 1,41 m Länge, bei dem alle Erfahrungen modernen Flügelbaues ihren Ausdruck finden. Der `Heim`-Flügel – dies ist sein Name – verkörpert das ideale Konzertinstrument im vertrauten und häuslichen Kreise. Überall da, wo der Flügel gegenüber dem Piano als eine höhere Entwicklungsstufe angesehen wird, hat der `Heimflügel` seinen unbestrittenen Platz im Hause der musikliebenden Familie, und der Anschaffungspreis ist nicht nur für wohlhabende Klassen erschwinglich; bei der Festsetzung desselben wird von vornherein davon ausgegangen werden, den `Heimflügel` populär zu machen. Nicht fremde Vorbilder nachahmend, sondern eigene Wege gehend, war bald nach der Gründung (1914) diesem verhältnismäßig jungen Unternehmen durch die Konstruktion des vorerwähnten ´kleinsten Flügels`(1,29 m) ein voller Erfolg beschieden. Auf der letzten Herbstmesse kamen erstmalig ein Flügel von 2 m und der kleinste Einbauflügel (1,47 m) zur Ausstellung. Auf jeder Messe tritt die Firma mit einer Neuheit auf den Plan, ein Zeichen ihres rastlosen Aufstrebens, und die Entwicklung, welche die aus allerkleinsten Anfängen entstandene Fabrik genommen hat, die gegenwärtig 125 Arbeiter beschäftigt, beweist, daß der beschrittene Weg der richtige ist“.
Herbstmesse 1925, „Es wird besonders darauf hingewiesen, daß diesmal der … gezeigte `Heim-Flügel` (Modell A 7), 1,41 m lang, in Schwarz, zur Ausstellung gelangt, der sich in der Zwischenzeit besonders in Deutschland, wofür er eigentlich auch gedacht war, schnelle Beliebtheit errungen hat. Als besonderen Beweis der Leistungsfähigkeit bringt genannte Fabrik ihren B.-Flügel, 1,55 m, in Zitronenholz, sowie den kleinsten Kunstspielflügel, Modell AE, 1,47 m, in geflammter Birke zur Schau, welche sicherlich bei allen Kunst- und Musikliebhabern größte Bewunderung auslösen werden. Ferner befindet sich dort auch der 2.00 m-Flügel, Modell D, sowie ein Piano-Modell, beide in Schwarz, mit Elfenbein. Bei allen Flügeln wird die Reinhold-Schröther-Mechanik, D.R.P. Nr. 364762, verwandt“, das Patent von Johannes Jacobus Bender, ausgegeben am 7. Dezember 1922 auf eine Flügelrepetitionsmechanik. In der Patentschrift heißt es: „Gegenstand der Erfindung ist eine Flügelrepetitionsmechanik nach dem Erardschen System, bei welcher durch eine besondere Anordnung der Stoßzunge und der Auslöseglieder ein reibungsloser Anschlag und eine Vereinfachung der Bauart erzielt wird. …“
1926, zur Koch- und Gastwirtsausstellung in Nürnberg wurde die Firma mit einer Goldenen Medaille ausgezeichnet.
Gute Meldung des Jahres 1926 von der Firma: „… erfahren wir, daß dieselbe von ihren alten Kunden aus England in den letzten Tagen erfreulicherweise ganz bedeutende Orders für ihre auch in England sehr beliebten kleinen Flügel erhalten hat. Die Firma … bittet uns, auf diesem Wege bekanntzugeben, daß sie jedoch trotzdem nach wie vor die Aufträge ihrer deutschen Kundschaft schnell und bestens auszuführen in der Lage ist“.
Juni 1928 „Wie wir erfahren, hat Herr Bernhard May in Berlin SO 36, Muskauer Str. 16, seine seit Jahren bei der Firma Reinhold Schröther in Berlin 39 als Reisevertreter für Deutschland und das umliegende Ausland ausgeübte Tätigkeit mit Wirkung vom 31. Mai d. J. eingestellt“.
Zum Reisevertreter Bernhard May:
1930 finden wir ihn als Geschäftsführer in der Pianofabrik „Voigt, Adolf Ernst GmbH“, aus der er bereits 1931 wieder ausschied.
1931 ist er Geschäftsführer in der Berliner Pianofabrik L. Mörs & Co.
Die Witwe Barthol, in Rudolf Barthol, “veräußert Fabrik und Firma im Okt.1935 an den Pianofortefabrikanten Bernhard May“.
1937, die Firma L. Mörs & Co. wurde geändert in “Bernhard May vorm. L. Mörs & Co.”.
1940 wurde Bernhard May neuer Inhaber der Firma Steinberg & Co. und ändert die Firma auf seinen Namen.
„Er erwirbt in dieser Zeit fast 50 (!) weitere Firmen, die bekanntesten waren Bogs & Voigt (nach 1939), Adolf Lehmann (nach 1932), Lenz (nach 1935), Albert Otto Hartmann (nach 1932), alle Berlin, und Gustav Fiedler in Leipzig (1935)“ (H. Henkel). Er hätte, wie 30 Jahre später in Leipzig die Deutsche Pianounion gegründet wurde, die Berliner Piano-Union gründen sollen. Waren die vielen Aktivitäten zu viel für ihn? Er starb mit 51 Jahren.
Zurück zu Reinhold Schröther, 1929 geriet die Firma in Zahlungsschwierigkeiten, eine Gläubigerbesprechung fand statt. Es folgte das Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses und paar Monate später das Konkursverfahren. Nach Beendigung des Konkursverfahrens „erfolgt jetzt die erste und zugleich Schlußverteilung in Höhe von 0,78%! diese `stattliche` Quote ist ein Zeichen der Zeit; sie dürfte einen Rekord darstellen“.
„Am 10. Febr. 1932 ist Schlußverteilung, das Verfahren wird am 8. März 1932 aufgehoben und die Firma im Aug. 1934 als erloschen eingetragen. Nach Großbach 1999 ist Schröther nach 1930 Inhaber der Firma W. Biese“. (H. Henkel).
Ein Patent von Reinhold Schröther wurde am 3. April 1935 ausgegeben, das D.R.P. 611.716: „Reinhold Schroether in Berlin-Charlottenburg – Tastensaiteninstrument, Patentiert ab 31. Dezember 1933“.
Inhalt der Patentschrift: „Der Ton der Tastensaiteninstrumente … konnte infolge des bisher zugrunde liegenden Konstruktionsprinzips noch kein vollkommener sein. Beim Entwurf ging man bis heute von einer geraden Hammer- bzw. Mechaniklinie aus. Die unvermeidlichen Folgen hiervon waren: a) daß der Resonanzboden stets eine gekrümmt Form erhielt, b) daß sich zum Steg kein symmetrischer Boden anordnen ließ, c) daß nur einige Töne …“
Die Schröther´sche Pianofabrik bestand bis 1935, der Name R. Schröther aber ging weiter.
In den Berliner Adressbüchern ist Reinhold Schröther bis 1977 nachweisbar.
Auszug aus „Handwerk im Dienste der Musik, 300 Jahre Berliner Musikinstrumentenbau“, S. 76 zu W. Biese: „Sein Nachfolger Bluth betreute das Geschäft bis 1948, das dann 1951 von Reinhold Schröther übernommen wurde und heute als Vertriebsgesellschaft für Biese-Klaviere von seiner Tochter Hertha betreut wird“. (Berlin 1987)
Zitate aus Prospekten der Firma W. Biese von 1971:
„Alle Instrumente werden hergestellt nach dem Patentsystem Reinhold Schröther, gekennzeichnet durch die Anordnung eines symmetrischen Resonanzbodensteges und eines parallel hierzu verlaufenden Resonanzbodens.
30000 Flügel und Pianos der ältesten Berliner Pianofabrik W. Biese verbreiten den hohen Qualitäts-Ruf der angesehenen Firma. Dieser Ruf ist nun zur höchsten Qualität gesteigert worden durch die Übernahme des vollkommensten Klavierbauprinzips – des Patentsystems Reinhold Schröther“.