Weißbrod, Robert

Pianofabrik in Eisenberg, 1887-1937

Eisenberg, die Stadt, die gemessen an ihrer Einwohnerzahl die meisten Klavierfabriken (beinahe 40) aufweisen konnte, liegt zwischen den Städten Jena und Gera, in der Nähe des Hermsdorfer Kreuzes in Thüringen. Die Ursprünge des Klavierbaus gehen hier auf Johann Gottfried Ammon zurück. Kurz nach 1800 wurde er als „Instrumentenmacher“ eingeschrieben (weitere interessante Informationen dazu sind in dem Buch „170 Jahre Klavierbau in Eisenberg/Thüringen“, Verlag Erwin Bochinsky, zu finden). Die Pianofabrik von „R. Weißbrod“ war die größte Pianofabrik in Thüringen.

Robert Weißbrod wurde am 16. März 1860 in Gerhardsgereuth in Thüringen geboren. Zunächst gründete er mit August Pape im Jahre 1884 die Firma „Weißbrod & Pape“, drei Jahre später sein eigenes Unternehmen (siehe weiter unten den Abschnitt zum 25jährigen Bestehen).1899 nahm er seinen Schwager Gustav Ziermann als Teilhaber auf, nachdem er sich sechs Jahre vorher bereits von ihm getrennt hatte.

Nachdem der Firma 1897 eine „Staatsmedaille“ (Leipzig) und 1899 eine „Große goldene Medaille“ (Lübeck) verliehen wurde, erhielt sie Ende des Jahres 1899 noch eine besondere Auszeichnung: „Die Firma R. Weißbrod, Pianofabrik in Eisenberg (S.-A.), deren Inhaber kürzlich zum Hoflieferanten des Herzoge von Sachsen-Altenburg ernannt wurde, erhielt auf der in diesem Jahre in Lübeck abgehaltenen Allgemeine Ausstellung für einen Stutzflügel und zwei Pianinos als höchste Auszeichnung das Ehrenkreuz mit großer goldener Fortschrittsmedaille.“

Weißbrod

Im Zusammenhang mit einer Prämierung in Zwickau 1900 traten Probleme auf: „Die Allgemeine erzgebirgische Ausstellung für Gewerbe etc., welche im Herbst d. J. zu Zwickau stattfand, habe auch ich beschickt, und es wurde mir die Freude zu Theil, daß die eine der beiden vom sachsen – altenburgischen Staate gestifteten Staatsmedaillen mir zuerkannt wurde. In Folge einer von mir gegebenen Anregung brachte das Eisenberger Nachrichtblatt (No. 236) eine die Prämirung betreffende Notiz, daß meine Firma in Zwickau unter sechs ausstellenden Konkurrenzfirmen die höchste Auszeichnung erhielt. Die Firma J. G. Vogel & Sohn in Plauen i. V. hat nun in einer in No. 260 des Eisenberger Nachrichtblattes veröffentlichten Zuschrift die Behauptung aufgestellt, daß sie in unserer Branche die höchste Auszeichnung – die silberne Medaille, einen Ehrenpreis der Stadt Zwickau – erhalten habe und daß die zur Verfügung stehende bronzene Staatsmedaille von Sachsen-Altenburg meiner Firma, weil sie die einzige sachsen-altenburgische Firma gewesen, verliehen worden sei. Behauptungen gleichen Inhalts erhebt die Firma J. G. Vogel, Sohn auch in einem in No. 3 der „Deutschen Instrumentenbau-Zeitung“ abgedruckten Schreiben unter dem Hinzufügen, daß die mir zugefallene Auszeichnung eine solche vierter Klasse sei.
Ich will mich aus mehr als einem Grunde gegenüber den Veröffentlichungen der Firma J. G. Vogel & Sohn nicht schweigend verhalten“.
Pause – das Weitere muss man sich nicht durchlesen. Streit um den Besten gab es und gibt es immer wieder. Und nun der Schluss:
„T h a t s a c h e aber bleibt, daß ich schließlich den höheren Preis erhalten habe; vermuthlich ist er mir in der Plenarsitzung der Preisrichter zugesprochen worden, die nach § 7 der Geschäftsordnung für das Preisgericht anzuberaumen war.
Eisenberg (S.-A.), den 22. Novbr. 1900.
Hochachtungsvoll R. Weißbrod, Hof-Pianofortefabrik.“

Weißbrod1902 wurde dem langjährigen Betriebsleiter Heinrich Richard Weißbrod in Eisenberg Prokura erteilt, im September des darauf folgenden Jahres das 5.000 Instrument fertig gestellt. In Erfurt eröffnete das Unternehmen unter gleichem Namen eine Zweigniederlassung, als deren Inhaber am 27. Februar 1907 der Fabrikant Friedrich Robert Weißbrod eingetragen wurde.

Einer Notiz vom September ist Folgendes zu entnehmen: „Im Handelsregister wurde die offene Handelsgesellschaft in Firma Kellberg & Co. mit dem Sitze in Eisenberg, S.-A. und als deren alleinige Inhaber der Kaufmann Moritz Kellberg, Kaufmann und Dampfsägewerksbesitzer, Wilhelm Manig, sowie Hoflieferant und Pianofortefabrikant Robert Weißbrod, eingetragen. Die Gesellschaft hat am 24. Aug. 1907 begonnen. Geschäftszweig: Pianofortefabrikation“. Die Gesellschaft bestand bis 1919. Im Januar 1909 wurde das 10.000 Instrument fertig gestellt. In einem Artikel zum 25jährigen Bestehen im Jahre 1909 ist zu lesen:

„Zum 25jährigen Geschäftsjubiläum der Hofpianofortefabrik von R. Weißbrod in Eisenberg (S.-A.)
Die Firma R. Weißbrod konnte am 1. August d. J. ihr 25jähriges Geschäftsjubiläum begehen. Beseelt vom Drange nach Selbständigkeit und getragen von einer reichen praktischen Erfahrung, begann der jetzige Inhaber Herr R. Weißbrod in Verbindung mit einem vormaligen Mitarbeiter der damaligen Geyerschen Fabrik, Herrn August Pape, im August 1884 mit dem selbständigen Baue von Klavieren. Bald war das erste Instrument hergestellt, ein reich ausgestattetes schwarzes Pianino. Es ging in den Besitz eines Eisenberger Privatmannes über, und es zeugt gewiß von der soliden Bauart dieses Instrumentes, dass es heute noch in alter Klangfülle der Eigentümer in seinem Restaurant benutzt. Das Geschäft wuchs erfreulich weiter, trotzdem löste Weißbrod das Verhältnis mit seinem Teilhaber wieder, um die Fabrikation für alleinige Rechnung fortzusetzen. Kurz darauf ging er an die Erbauung einer eigenen Fabrik, und seine Fabrikate erwarben sich bald einen hohen Ruf, nicht nur in den Kreisen der Privatkäufer, sondern auch in Fach- und Handelskreisen.
Weißbrods rastlose Schaffenskraft wurde reichlich belohnt. Der Absatz seiner Klaviere wuchs von Jahr zu Jahr, und so konnte nicht ausbleiben, dass im Laufe des vorigen Jahres bereits die Herstellung des 10.000 Instrumentes vor sich ging. Die Weißbrodschen Instrumente wurden auf verschiedenen Ausstellungen mit ersten Preisen prämiert, auch von Künstlern ausgezeichnet. Heute beschäftigt die Fabrik mehr als 100 Arbeiter, und ihre Erzeugnisse gehen in alle Weltteile. So kann Herr Robert Weißbrod, dem auch der Titel eines Herzogl. sächs. Hoflieferanten verliehen wurde, heute mit Genugtuung auf sein Werk und die verflossenen 25 Jahre zurückblicken“.

Weißbrod

Eine weniger schöne Meldung folgte ein Jahr später: „Durch ein Großfeuer, das am Sonntag, den 11. Dezember (1910), früh 6 Uhr, in der Hofpianofortefabrik von R. Weißbrod entstand, sind zwei Arbeitsräume mit wertvollen Maschinen und Rohmaterial ausgebrannt. Der Schaden wird auf 20.000 Mark geschätzt. – Die Holzarbeiter in der Pianofortebranche sind mit der von den Arbeitgebern bewilligten 7 ½ prozentigen Lohnerhöhung nicht zufrieden, sie haben dieses Angebot glatt abgelehnt und verlangen 12 Prozent. Etwa 200 Arbeiter gedenken in den Ausstand zu treten.“

Ein Jahr vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde Robert Weißbrods Sohn, dem Kaufmann Ludwig Weißbrod, Prokura erteilt. Leider kehrte er nicht aus dem Krieg zurück. Im April 1918 teilte man mit, dass er „[den] Heldentod fürs Vaterland gestorben [sei].“ „Ihr Leben fürs Vaterland haben auf dem Felde der Ehre gelassen:
Ludwig Weißbrod, Leutnant d. Res, bei der Maschinengewehr Kompanie eines Infanterie-Regiments, Ritter des Eisernen Kreuzes, Sohn des Hof-Pianofortefabrikanten R. Weißbrod in Eisenberg (S.-A.). Er stand seit Anfang des Krieges im Felde und hat manche blutige Schlacht, wie die an der Marne, die Sturmangriffe bei Soissons und Tahure und andere schwere Kämpfe glücklich überstanden, bis nun bei der jetzigen Offensive eine mörderische Kugel seinem hoffnungsvollen Leben ein jähes Ende setzte. Sein Verlust trifft die schmerzgebeugten Eltern um so schwerer, als es .bestimmt war, daß er nach dem Kriege in das väterliche Geschäft eintreten sollte, dem er in bester Weise vorzustehen in der Lage war, da er sowohl eine gute praktische; als auch kaufmännische Ausbildung genossen hatte. Nachdem er zuerst eine Lehrzeit als Klavierbauer in der väterlichen Fabrik durchgemacht, kam er zur weiteren Ausbildung zu der Firma Julius Feurich in Leipzig und von da zu der Firma Kranich & Bach in New York. Seine kaufmännischen und Sprachkenntnisse vervollkommnete er ebenfalls im Ausland, so in Buenos Aires. Zurückgekehrt nach Deutschland, bereiste er für das väterliche Geschäft sowohl das In- wie das Ausland und erfreute sich bei der Kundschaft großer Beliebtheit. Auch den Angestellten und Arbeitern gegenüber zeigte er sich stets als guter Kamerad und treuer Freund. Reiche, wohlberechtigte Hoffnungen sind mit ihm zu Grabe getragen.“

Daraufhin erfolgte ein Eintrag ins Handelsregister, dass „die Prokura des Ludwig Weißbrod [erloschen] ist, der Kaufmann Rudolf Weißbrod ist „in das Geschäft als persönlich haftender Gesellschafter eingetreten, die offene Handelsgesellschaft hat am 1. Juli 1919 begonnen.“ Die Zweigniederlassung in Erfurt wurde „laut handelsgerichtlicher Eintragung (1920) aufgehoben“.

Weißbrod

Zur Herbstmesse im Jahre 1924 machte das Unternehmen einmal mehr positiv von sich reden: „[Die] Hofpianofortefabrik R. W e i ß b r o d in E i s e n b e r g i. T h ü r, [stellt] ihre erstklassigen Fabrikate in den Räumen der Firma Popper & Co., Leipzig, Dittrichring 17, aus. Wie zu jeder Messe, tritt auch diesmal wieder die Firma mit vollständig neuen Ausstattungen auf den Plan. Das zum 40jährigen Bestehen der Firma angefertigte Jubiläumsklavier in Eiche, dunkelbraun gebeizt mit durchgehenden polierten Maserfüllungen und aufgelegten expressionistischen Schnitzereien, wird mit ausgestellt. Von den andern neuzeitlichen Ausstattungen in Eiche, Nußbaum, Maser, Schwarz und Palisander ist Modell 39 in Schwarz von besonders aparter Wirkung. Auch die diesjährige Messeausstellung beweist, daß die Firma R. Weißbrod ständig bestrebt ist, das Neueste und Beste zu bieten.“

Weißbrod

Am 9. März 1931 starb Robert Weißbrod, fast 71jährig, nach einer kurzen, schweren Krankheit. „In 47jähriger rastloser Arbeit hat er für die Firma gearbeitet, ihr feste Grundlagen geschaffen und ihre weitere Entwicklung gefördert.“ Die offene Handelsgesellschaft wurde aufgelöst. „Das Geschäft wird unter unveränderter Firma von dem bisherigen Mitgesellschafter Rudolf Weißbrod fortgesetzt.“
Das 50jährige Bestehen wurde nicht mehr gefeiert. Lediglich eine kurze Notiz wies darauf hin: Das Unternehmen „konnte auf ein 50jähriges Bestehen zurückblicken.“ 1937 wurde die Firma R. Weißbrod im Handelsregister gelöscht.

1938 steht geschrieben: „Eisenberg (Thür.). Die ehemalige Weißbrodsche Hofpianofortefabrik, die fünfzig Jahre lang die Weißbrodschen Klaviere und Flügel herstellte, dann aber zum Erliegen kam, wurde von der neuen Besitzerin, der Metallwarenfabrik Albertus & Stegmann, Eisenberg, zu einer Metallwarenfabrik ausgebaut und nunmehr als Werk II in Betrieb genommen“.
In Klavieren der ehemaligen Deutschen Pianounion Leipzig wurde der Name „Weißbrod“ wieder verwendet.
„Die Instrumente von Weissbrod kennen wir aus unserer Praxis als sehr hochwertige Stücke. Sowohl die äußere und innere optische Gestaltung wie auch die technische und akustische Konstruktion ist vorbildlich und solide“. (Matthias Mühl, Klavier- und Cembalobauer, Dresden)