Quandt, Carl Julius

Hof-Pianoforte-Fabrik in Berlin, 1854 – 1945

„Carl Quandt“, eine Pianofabrik in Plauen in Sachsen, hat schon etwas mit der Berliner Firma zu tun. Der Sohn des Gründers übernimmt 1889 die Pianofabrik „Vogel & Sohn“ in Plauen. Damit gehen aber auch die Wege der Söhne auseinander.

Der Vater Carl Julius Quandt wurde 1817 in Pommern geboren. Nach seiner Tischlerlehre arbeitete er u. a. auch in Glogau, in der Firma A. Pfeiffer. Ein Instrument dieser Firma befindet sich im Musikinstrumenten-Museum in Markneukirchen (Sachsen). Nach Berlin gekommen, arbeitete Quandt bei B. Voigt und Gottfried Perau. 1854 gründete er dann selbst seine Firma. Zu dem 60jährigen Geschäftsjubiläum im Jahre 1914 war zu lesen: „… erkannte ihr Begründer […] es als die Hauptnotwendigkeit eines jeden, und besonders eines jungen Unternehmens, daß die Käufer seiner Erzeugnisse so zufriedengestellt werden, daß sie sich durch empfehlende und werbende Tätigkeit selbst freiwillig zu wichtigen Mitarbeitern machen. Ein Feind alles Halben, Flüchtigen und Unkorrekten, legte er daher gleich von Anfang an Wert darauf, Hervorragendes und Dauerhaftes zu leisten, und verstand es auch, Gesellen und Lehrlinge zu dieser Arbeitsmethode zu veranlassen. So wurde denn frühzeitig der Grundstein zu der ständig zunehmenden Bedeutung der Firma gelegt und ihren Fabrikaten bald ein fester Platz in der Fach- und Musikwelt gesichert. Wie schöne Erfolge die gesunden Prinzipien des Begründers gehabt haben, beweist die Tatsache, daß die jetzigen Inhaber, sein Sohn Emil Quandt und dessen Sozius Max Baum, mit Stolz auf eine Kundschaft hinweisen können, die, aus ersten Firmen des In- und Auslands bestehend, mit der Fabrik durch meist jahrzehntelange Beziehungen innigst verbunden ist. Aus der großen Zahl ihrer neuerdings zu einer Sammlung vereinigten Gutachten geht mit unzweideutiger Klarheit hervor, was für schöne Früchte des Festhalten an erkannten und überlieferten Grundsätzen trägt. Auch sonstige Ehrungen und Anerkennungen wurden der Firma in reichem Maße zuteil. So wurde sie durch Ernennung zum Hoflieferanten Sr. kgl. Hoheit des Fürsten von Hohenzollern ausgezeichnet und auf mehr als 10 Ausstellungen – u. a. auch auf der Musikfach-Ausstellung in Berlin 1906, obwohl sie nur Lagerinstrumente zu Ausstellungsobjekten gewählt hatte – prämiert, während sie auf den Ausstellungen in Stettin und Altona die Staatsmedaille erhielt“.

Quandt Berlin

Der Gründer aber starb „…am Sylvesterabend (1896) 7 1/2 Uhr nach längerem Leiden im 80. Jahre seines arbeitsreichen Lebens […] Ein Veteran des deutschen Klavierbaues ist mit ihm dahingegangen“.

Im Berliner Firmenregister wurde (im April 1897) bei der Firma C. J. Quandt, Hofpianofabrik in Berlin, eingetragen: „Das Geschäft ist laut Testament vom 7. Juli 1876 und Erbvergleich vom 15. Februar 1897 auf den Pianofortefabrikanten Herrn Emil Richard Hugo Quandt zu Berlin übergegangen, welcher dasselbe unter unveränderter Firma fortsetzt. Dem Kaufmann Herrn Carl Hirzel wurde für obige Firma Prokura ertheilt“. Herr Emil Quandt wurde 1901 zum gerichtlich vereidigten Sachverständigen gewählt.

Er ist „der Erfinder des bekannten Quandt-Klangbodens, der durch Reichs-Patent Nr. 115 486 sowie durch D. R.-Warenzeichen Nr. 196 908 gesetzlich geschützt wurde und eine Einrichtung darstellt, die den Wohllaut und Klangreichtum der Pianinos wesentlich erhöht und erhält. Eine neue, gleichfalls gesetzlich geschützte Erfindung des Herrn Max Baum (D.R.-Gebr.–Muster 069 999, D. R.-Patent angemeldet) [später D. R. P. 282 935] erfüllt den Wunsch zahlreicher Pianisten, wie bei dem Flügel so auch bei dem Klavier dem zartesten Pianissimo Ausdruck verleihen zu können. Man behalf sich bisher mit dem Stummzuge (Moderator), dessen Anwendung jedoch eine Störung und Unterbrechung des Spiels verursachte. Durch die vorliegende Erfindung wird es ermöglicht, daß der Spieler den Übergang von der Pianowirkung (Pianozug) in die Pianissimo-Wirkung (Moderator) ohne jeglich Störung des Spiels vornehmen kann“.

Quandt Berlin

1912 tritt Herr Max Baum als Teilhaber in die Firma ein.

Ein Meldung vom September 1912 läßt aufhorchen: „Die im Jahre 1854 gegründete Hof-Pianofortefabrik von C. J. Quandt in Berlin, Grüner Weg 55, bittet uns mitzuteilen, daß sie mit der Firma Carl Quandt in Plauen i. V., deren Löschung von Amts wegen erfolgt ist, in keiner Weise identisch ist“.
Ein großer Aufschwung ist 1913 geplant, in der „Hoch-Zeit“ des deutschen Klavierbaues:
„Die Firma C. J. Quandt […] hat sich infolge starker Nachfrage nach ihren Klavieren genötigt gesehen, ihren Betrieb durch Hinzunahme bedeutender Räumlichkeiten im Nachbarhause Nr. 56 (mit denen durch Durchbrechung der Feuermauern eine Verbindung hergestellt wurde) zu vergrößern, und hofft nunmehr, allen Anforderungen mit größerer Pünktlichkeit gerecht werden zu können“.

Bereits in den Anfängen des Ersten Weltkrieges wurde über die Kriegsfürsorge der Firma C. J. Quandt berichtet:
„…die Firma […] hat sich in der Kriegsfürsorge in der Weise betätigt, daß sie verschiedenen Lazaretten Pianos zur Unterhaltung genesender Verwundeter zur Verfügung stellte. Es wurden ihr von der Frau Kronprinzessin und der Prinzessin Friedrich Leopold u. a. 12 Lazarette in Berlin und der Mark als geeignet bezeichnet, und an diese sind auch von der genannten Firma Instrumente für diesen Liebeszweck geliefert worden“.
Daraufhin erhielt Herr Max Baum 1918 „das Verdienstkreuz für Kriegshilfe …“, außerdem noch ein Jahr später die Rote-Kreuz-Medaille.

Wer kam im Kriege zu kurz? Natürlich auch die ganz Treuen, ein Bodenmacher, der „konnte […] auf eine 25jährige Tätigkeit in der Hof-Pianofortefabrik […] zurückblicken. Auf Wunsch des Jubilars wurde in Anbetracht der Schwere der jetzigen Zeiten von einer Feierlichkeit Abstand genommen“.

Zu Beginn des Jahres 1920 wurde „das zur Pianoforte-Fabrikation benutzte Grundstück Grüner Weg 50 käuflich erworben und im Hause Lange Straße 79 einen Zweigbetrieb eröffnet“.
In einem Katalog aus diesem Jahre wurden 13 Pianino-Modelle vorgestellt.

Herr Emil Quandt ist am 20. April 1922 aus dem Leben geschieden, er „mußte sich jedoch infolge eines erlittenen Schlaganfalls vor mehr als zehn Jahren von seinem Berufe ins Privatleben zurückziehen“. Daraufhin wurde 1923 „der bisherige Gesellschafter Max Baum […] alleiniger Inhaber der Firma“.
Laut dem Leipziger Messebericht von 1924 stellt die Hof-Pianofortefabrik C. J. Quandt neben dem Kunstspielpiano „Quandtola“ eine größere Auswahl von Piano-Modellen aus.

Quandt Berlin

Auch 1924 feierte die Firma ihr 70jähriges Bestehen. Besondere Grüße gingen vom Verband Deutscher Klavierhändler ein: „… Zugleich möchten wir unserer Freude darüber Ausdruck geben, daß zwischen Ihrem Unternehmen und dem Verband Deutscher Klavierhändler bezw. dem deutschen Handel immer ein recht angenehmes Verhältnis bestanden hat, was uns mit besonderer Genugtuung erfüllt. Wir hoffen, daß dies auch weiterhin so bleibt“.
In der Firma selbst wurde eine „interne Feier gehalten“.

Zur Messe 1925 stellte die Hof-Pianoforte-Fabrik aus „eine große Auswahl der gangbarsten Pianos und Kunstspielpianos in den verschiedensten Höhen, Holzarten und Ausstattungen, sowie der 1,62 m lange Flügel, der bereits auf der Frühjahrsmesse allseitig ganz hervorragende Anerkennung gefunden hat“.

Kleine Stadtgeschichte von Berlin: Der aus 117 Häusern bestehende „Grüne Weg“ wurde 1926 „durch Magistratsbeschluß in „Paul-Singer-Straße“ umbenannt“.

1929 möchte die Firma zu ihrem 75jährigen Bestehen nicht besonders feiern, wegen der „leider ungünstigen Entwicklung und Geschäftslage in der Deutschen Klavier-Industrie…“.
Ein Jahre später gründet sich die „Firma C. J. Quandt-Pianos-Verkaufs-Gesellschaft m.b.H. in Berlin. Gegenstand des Unternehmens: Der Handel mit Pianos, Flügeln und Musikinstrumenten, insbesondere mit den von der Firma C. J. Quandt (gegründet 1854) hergestellten“.

Im März 1931 begannen die Zahlungseinstellungen. „Wie uns berichtet wird, hat sich die mehr als 76 Jahre bestehende Pianofabrik C. J. Quandt in Berlin, genötigt gesehen, sich zwecks Regelung ihrer Verbindlichkeiten mit ihren Geschäftsfreunden in Verbindung zu setzen … über das Vermögen des Kaufmanns Max Baum, Alleininhaber der Firma C. J. Quandt […] wurde am 5. März […] das Konkursverfahren eröffnet“.

Weitere Stationen sind Wechsel der Geschäftsführer, und wiederum Umbenennung 1936 in
„C. J. Quandt, Gesellschaft m.b.H., Pianoforte- und Flügelfabrik, Gegenstand des Unternehmens ist fortan: Fabrikation und Verkauf von Pianos und Flügeln“.
Die Firma zieht um nach Berlin SO 36, Harzer Str. 33, in die Räume der Firma „Hermann Kriebel“, in welcher der Kaufmann Karl Pepper Mitinhaber war. In dieser Zeit wurden „Neuschöpfungen“ angeboten:

Quandt Berlin

1938 wurde der Kaufmann Wolfgang Pepper zum Geschäftsführer bestellt.
1941 erfolgte noch eine Umbenennung in „C. J. Quandt, Pianoforte- und Flügelfabrik W 15, Kurfürstendamm 205. Inhaber: Kaufmann Wolfgang Pepper, Berlin. Das Unternehmen ist entstanden durch Umwandlung der C. J. Quandt Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Pianoforte- und Flügelfabrik, unter Übertragung ihres Vermögens auf den alleinigen Gesellschafter, Kaufmann Wolfgang Pepper, Berlin. Die bisherige Firma ist erloschen“.
Bis in die Zeit des Zweiten Weltkrieges wurden ca. 24.000 Instrumente hergestellt, in der letzten Zeit, von 1935 bis 1944 nur etwa 350.
Nach Meinung verschiedener Kollegen war insgesamt die Qualität der „Quandt-Pianos“ nicht der A-Klasse, der Oberklasse, zuzuordnen.

„Quandt’s neuer Klangboden“ D.R.P. 115 486

Quandt war ein „Gegner des Langbodens, welcher in seiner Widerstandsfähigkeit und Haltbarkeit nur allein auf seine Rippen angewiesen ist und in seinem einzelnen Span nicht die erforderliche Spannung hat…“ Deshalb stellte er seinen „fächerartig verleimten Resonanzboden“ vor, mit der Begründung, „daß der edle Gesangston mehr zur Geltung kommen soll, der jetzt unangenehme, später eintretende Näselton verdrängt und dem Pianino auch für die Dauer ein angenehmer Ton verliehen wird“.
Der „fächerartig verleimte Resonanzboden, d. h. die Fasern […] werden so genommen, daß dieselben strahlenförmig vom Untereckbrett ausgehen“. Quandt nennt die Vorteile:
1) „daß jede einzelne Holzfaser vom Steg überkreuzt und beim Anspielen erregt wird;
2) daß der angespielte Ton am Steg einen Resonanzspan vorfindet, welcher im Verhältnis zu der Anzahl der Saitenschwingungen steht, d. h. die tieferen Saiten, welche weniger Schwingungen haben, finden einen längeren weniger gespannten Resonanzspan vor, und die höheren Saiten mit vielen Schwingungen einen kürzeren, mehr gespannten Span;
3) daß durch das Aufliegen eines jeden Resonanzspanes nur mit den Querenden auf der Bodenlage und daß durch Abschrägung von unten Spannung und größere Erregungsfähigkeit nach oben hervorgebracht wird“.

Quandt Berlin

Die außergewöhnliche Festigkeit durch das Aufleimen an der Bodenlage aufzuheben und dem Resonanzboden größtmögliche Bewegungsfreiheit zu geben, „ist an der unteren Seite des Resonanzbodens, die vor seiner Auflage, eine Hohlkehle eingefräst. Die Tragfähigkeit ist durch Überleimung der Rippen wieder hergestellt“.
Quandt hoffte, daß seine Erfindung Anklang findet, „da durch ihre Anwendung in keiner Weise durch Materialien oder größere Kosten der Herstellung eine nennenswerthe Vertheuerung entstehen kann“.