Pianofabrik in München, 1864 – 1898
Ein Jahr nach der Gründung der Pianofabrik heiratete Ehret – nach dem „Der Volksbote“ – die Schuhmacherstochter Anne Tremmler.
1866 annoncierte Ehret im Adressbuch für München folgende Anzeige: (1)
1869, zur Lokal-Industrie-Ausstellung in München bot Ehret an: „1 Pianino in Palisanderholz mit Elfenbein-Claviatur, hohes Format, Consols“ und eines mit niederes Format. (1)
1873, zur Weltausstellung in Wien ist Ehret vertreten mit: „Ein Flügel und ein Pianino nach amerikanischem System, ein Pianino geradsaitig. … es sind seit 1871 10 Flügel und 55 Pianinos fabriciert mit 10 Arbeitern – prämiert mit der Merit Medal Vienna“. (1)
Auszug aus dem Amtlichen Bericht der Weltausstellung:
„L. Ehret, eine auch früher auf bedeutenden Ausstellungen mit hohen Preisen bedachte Fabrik, deren Wirken die lebhafteste Anerkennung finden muss. Auch auf der Wiener Ausstellung behauptete dieselbe ihre Stellung und vertrat die Pianofortebaukunst der Hauptstadt Bayerns in rühmenswerthester Weise. Der von ihr ausgestellte kreuzsaitige Flügel im Palissanderholzkasten mit Stosszungenmechanik … bekundete feinen Sinn und Geschmack, er bezeugte auch, dass L. Ehret mit den neuesten amerikanischen und deutschen Errungenschaften im Pianofortebau vollständig vertraut sei“. (1)
Wiederum erhielt Ehret 1876 die Merit Medal in München.
Zur ‚Baierischen‘ Landesausstellung 1882 in Nürnberg war Ehret mit 3 Pianinos und 1 Flügel vertreten. Sein kreuzsaitiger Flügel wurde beschrieben: „Der Ton ist bestimmt und verräth in der Intonation ein Hinneigen zu dem französischen Geschmack. Die Klangfarbe ist hell und durchdringend, für Räume mit modernem Ausputz, Teppiche, Draperien u. dgl., also nicht unvortheilhaft“. (2)
Ein erstes Patent, das Patent 34235, wurde am 7. Januar 1886 vom Kaiserlichen Patentamt ausgegeben, eine Neuerung am „sogenannten Flügel-Pianino:
Der Spieler sitzt nicht, wie bei den gebräuchlichen Pianinos vor dem Instrument, sondern die Klaviatur ist hinten angebracht. Der Resonanzboden ist schräg gestellt, damit die Höhe des Instrumentes bei entsprechend großem Resonanzboden nicht zu ausgedehnt wird und der Spieler während des Spielens über dasselbe wegsehen kann. … Durch diese Anordnung soll, wenn die vordere Seite des Instrumentenkastens geöffnet wird, eine ausgezeichnete Klangwirkung und ein voller Ton erhalten werden, um so mehr, da die Schallwellen dann frei gegen die Zuhörer sich ausbreiten können und nicht mehr gegen die Wand treffen. Damit der Spieler nun mindestens den Deckel aufmachen muß, ist die Anordnung getroffen, daß der Deckel das Notenpult bildet. … Als Vortheile dieses sogen. Flügel – Pianinos werden genannt: Vollständiger Ersatz eines Flügels, dem gegenüber es geringere Dimensionen und schönere Form hat“. (3)
In München fand 1888 die Kunstgewerbe Ausstellung statt, mit Pianinos von „Ehret, Leopold: Concert-Pianino, kreuzsaitig mit durchlaufendem Eisenrahmen, in Nussholz; … Pianino, kreuzsaitig mit durchlaufendem Eisenrahmen, in Nussholz matt (Renaissancestyl)“. (2)
In der gewerblichen Abteilung der Theater- und Musik-Ausstellung 1892 in Wien waren von Ehret „2 Nußbaum-Pianinos, davon eines reich geschnitzt in Renaissance, das andere ebenfalls geschmackvoll ausgestattet in Rococo“ ausgestellt. (2)
Traurige Nachrichten, ob vor über 100 Jahren oder in der Gegenwart, sind in jedem Falle erschütternd. Mitunter bedeuteten sie in der Vergangenheit auch das Ende einer Firma, wenn keine Nachkommen da waren.
1892, „Von schwerem Unglücke ist vergangene Woche der Pianofabrikant Leopold Ehret in München heimgesucht worden. Sein einziger Sohn Josef wurde ihm im blühenden Alter von 28 Jahren plötzlich auf schreckliche Weise durch den Tod entrissen. Josef Ehret, ein ebenso tüchtiger als braver junger Mann, Vicefeldwebel der Reserve, hatte sich Anfang Oktober in einem unwiderstehlichen Drange, das sogenannte ‚Todtenkirchl‘ (über 2190 m) im Kaisergebirge zu besteigen, nach Kufstein begeben und am Sonntag früh ganz allein den Aufstieg unternommen. Als er am Dienstag weder nach Kufstein, noch nach Hause zurückgekehrt war, vermuthete man einen Unglücksfall. Deshalb fuhr der besorgte Vater noch am Dienstag nach Kufstein und begab sich mit einem Führer auf die Suche. Sie fanden den jungen Mann am Mittwoch, vom Todtenkirchl abgestürzt, in einer 100 m tiefen Schlucht liegend, als Leiche. Der junge Mann war mit dem Kopfe auf einen Felsen aufgefallen und hatte sich den Schädel zerschmettert, so daß der Tod unmittelbar erfolgt sein muss. Eingetretene schlechte Witterung mit starkem Nebel führten den Unglücklichen, der ein guter Bergsteiger war, von dem richtigen Wege ab auf eine Felsspitze, von wo er abstürzte. Die Leiche konnte erst am Donnerstag unter großen Schwierigkeiten heraufgeholt werden. Der trostlose Vater führte sie nach München über, wo die Beerdigung am Freitag den 7. Oktober stattfand. — Wir bedauern aufs Tiefste den gramgebeugten Vater, der in dem Verunglückten seinen einzigen Sohn verlor, auf den er seine ganzen Hoffnungen gesetzt hatte“ (2).
Ende Oktober 1892 fand die „Internationale Ausstellung für Musik und Theaterwesen“ in Wien statt. Die Beschreibung der Ehret Pianino’s:
„Ein Pianino, 7 Octaven, kreuzsaitig, mit am Stimmstocke harfenartig aufstrebender Basstheilung, in Eisengussrahmen, die Stimmnagelfelder bronzirt, Mechanik der Mensur entsprechend, im Bass aufwärts geschweift und mit Unterdämpfung. Kasten sehr schön in Renaissance, nußmatt und blank mit Maserfüllungen und Einlegestreifen. —
Ein Pianino, 7 Octaven, kreuzsaitig in Gussrahmen, der Holzstimmstock bronzirt, Mechanik mit Unterdämpfung. Das Gehäuse in Rococostyl entworfen und in nußmatt und blank mit schönen Verzierungen und Schnitzereien nebst aufgelegten Nußmaser polirten Mittelfüllungen, sehr sauber ausgeführt. Beide Instrumente besitzen bei guter Arbeit einen recht zufriedenstellenden Ton. Die Spielart ließe sich vielleicht etwas leichter herausgestalten, da ja der Tiefgang ohnedies unter das Normalmaß gestellt wurde. Die Aufschweifung der Baßtheilung hat den Vorzug, daß bei verhältnißmäßig längerer Mensur der Resonanzbodensteg vortheilhaft placirt werden kann, die Bässe demnach einen mehr flügelähnlichen Toncharakter erhalten. Die Instrumente werden dadurch allerdings etwas höher, als es die übrige Mensur erfordern würde, was aber bei der dadurch gebotenen Tonverbesserung nicht in Betracht kommt. Die Firma hat durch ihre Objecte ein anerkennenswerthes Vorwärtsstreben an den Tag gelegt, was wir in jeder Form stets nur freudig begrüßen können“. (2)
Ein zweites Patent, das Patent 58852, wurde am 18. September 1891 vom Kaiserlichen Patentamt ausgegeben.
„Spannvorrichtung an Resonanzböden für Pianinos:
Der Zweck der Spannvorrichtung ist, dem Resonanzboden durch einen Druck von hinten eine größere Widerstandskraft gegen den Saitendruck zu geben, wodurch das Schwingen desselben ungehinderter vor sich gehen kann, als dies bis jetzt der Fall war.
Dies soll dadurch erreicht werden, daß in jedem Feld zwischen je zwei Rippen ein Spannhebel (Wippe) oder Blattfeder angebracht ist, welcher auf einem Steg aufliegt. Dieser Spannhebel wird durch einen Quersteg einerseits und eine Schraube andererseits an den Steg angedrückt. Der Quersteg liegt an den Stegen auf, welche an dem Stützbalken befestigt sind. Der Steg in der Mitte zwischen zwei Rippen sitzt am Resonanzboden auf, und zwar genau entgegengesetzt dem Steg, worauf die Saiten aufliegen.
Durch die beschriebene Vorrichtung soll ein klarer, gesangreicher Ton, sowie ein längeres Nachklingen desselben erzielt werden, was sich besonders im Discant bemerkbar machen soll“. (3)
„Im Jan. 1898 wird die Firma zum Verkauf inseriert“. (Henkel)
Der Name Ehret blieb über Generationen erhalten – heute in 68519 Viernheim Pianohaus Ehret GmbH, unter Klavierbaumeister Rainer Ehret.
Quellen:
(1) Lieveverbeeck
(2) Zeitschrift für Instrumentenbau
(3) Patente Trobisch
(4) Bildquellen: Sophie Pitcher