Heyl, Gottlob

Pianofortefabrik in Borna, 1828 – 1935

Auszüge aus einem Bericht aus dem Jahr 1928:
„Schon vor über 100 Jahren ließ sich in der Brauhausgasse in Borna der Instrumenten­macher Johann Gottlieb Heyl, geb. zu Rüben im Jahre 1770, nieder. Er gab aber diese Wohnung bald wieder auf und mietete sich dann in der Nummer 244 der Roßmarkt­schen Straße ein. Hier baute er jene kleinen Hammerklaviere, die man damals ihres noch dünnen Tones wegen mit ,,Spinett“ bezeichnete, von welchen das Stück 16-18, höchsten 20 Taler kostete. Sein Erwerb, heißt es in der Wolframschen Chronik, war nur gering. Im Jahre 1811 erstand er um den Preis von 305 Talern das Haus des Zeugmachers Gotthardt Bimon im sogen. „Entenpfuhl“ (dem „Brühl“) Nr. 158, von welchem aus sich die jetzige Fabrik entwickelte. Heyl hatte sieben Söhne und eine Tochter. Den ältesten Sproß, Gottlob, nahm der Vater 1815 als Lehrling in sein Geschäft auf, in das dann später noch drei andere Söhne eintraten.

Die Heylschen Instrumente fanden bald überall Aufnahme, der Absatz wurde mit der Zeit ein immer stärkerer, aber der Gewinn sicherte doch dem rührigen Vater und seinen Söhnen noch kein genügendes Auskommen. Deshalb entschlossen sich die sehr musikalischen Brüder, einen Nebenerwerb zu suchen, und sie fanden ihn bald, indem sie sich Musikchören anschlossen und von diesen einen Anteil ihrer Einnahmen empfingen. Besonders war es hier Gottlob Heyl, der sich als ein geübter Baßgeiger erwies und verschiedentliche Auszeich­nungen bei Kirchen- und Konzertmusiken davontrug.

Gottlieb Heyl starb 1828. Er hatte kurz vorher Haus und Geschäft seinem ältesten Sohne Gottlob übergeben, und von da an datiert auch die Firma G. Heyl ihr Bestehen. Selbständig geworden, strebte Gottlob Heyl mit Fleiß vor­wärts. Da er die musikalische Unzulänglichkeit der bisher gebauten Klaviere erkannt hatte, versuchte er es mit der Her­stellung größerer Pianofortes in Tafelform. Das gelang ihm auch, und er mußte nach einer größeren Werkstätte Umschau halten. 1832 bebaute er das hinter seinem Hause gelegene Gärtchen mit Arbeitsräumen, und 14 Jahre später kaufte er wiederum ein Stück des Reißigschen Gartens an der „neuen Pforte“ und führte hier ein Gebäude mit Arbeitssälen und Comptoir auf. In dieser Zeitperiode nahm das Heylsche Ge­schäft einen großen Aufschwung; die wohlklingenden und dauerhaften Instrumente fanden jetzt nicht bloß in Sachsen, sondern auch in den übrigen deutschen Landen und selbst darüber hinaus Absatz, so daß das Arbeitspersonal ständig ver­mehrt werden musste.“

Die tafelförmigen Klaviere Heyl’s hatten sich bereits einen vortrefflichen Ruf erworben, um das Jahr 1850 jedoch stieg die Nachfrage nach Pianinos, deren Fabrikation der strebsame Fach- und umsichtige Geschäftsmann alsbald aufnahm. Hunderte der Instrumente wurden in den nächsten Jahren unter Gottlob Heyl’s Leitung fertiggestellt und geliefert.

Im Jahre 1854 machte sich die Firma an die Herstellung von Pianinos, die einen großen Absatz fanden und den hervorragenden Ruf der Firma noch verbesserten. Inzwischen waren auch die beiden Söhne Emil und Gustav in das väterliche Geschäft eingetreten.
Gustav Heyl wurde am 14. Februar 1840 in Borna geboren. Bei seinem Vater erlernte er das Klavierbauer-Handwerk, ging auf Wanderschaft nach Stuttgart, Wien und Linz, „wo er Gelegenheit fand, sich in seinem Berufe zu vervollkommnen. Als er im Jahre 1863 nach Paris zu gehen gedachte, wurde er von seinem Valter nach Hause gerufen. […] Da der Absatz an Instrumenten immer größer wurde, kaufte Heyl einen großen Teil des an sein Grundstück anstoßenden Schmalzschen Gartens und dehnte den Gebäudekomplex durch Errichtung eines neuen zwei­stöckigen Wohnhauses weiter aus. Das geschah 1864, in welchem Jahre Heyl außer seinen Söhnen 16 Gehilfen be­schäftigte und das 2000. Instrument fertigstellte. Trotz der Kriegsjahre 1870-71 stieg die Zahl der Arbeiter weiter. 1872 übergab Gottlob Heyl nach unablässigem Schaffen das Etablissement seinen beiden Söhnen, nachdem er noch das ganze mit seinen Gebäuden in enger Verbindung stehende, bis zu den Teichanlagen reichende Schmalzsche Grundstück käuflich erworben hatte. Im Jahre 1873, wo das 3000. In­strument hergestellt wurde, erhielt die Fabrik Dampfbetrieb und moderne maschinelle Einrichtung.“

Heyl, Fabrik 1882

Im Jahre 1892 begann die Firma auch [mit dem] Bau von Klavier-Harmoni­ums und im Jahre darauf konnte die Fertigstellung des 10.000. Instrumen­tes festlich be­gangen werden. […] Als ein erfreuliches Zeichen des Aufschwunges unserer deutschen Pianoforte-Industrie mag es gelten, dass [man] (1903) bereits das 15 000. Instrument in die Welt schicken konnte.

Die Firma beschäftigte um diese Zeit etwa 60 Ar­beiter und konnte im gleichen Jahr ihr 75jähriges Jubiläum festlich begehen. Gustav H e y 1 erhielt vom König von Sachsen das Albrechtskreuz I. Klasse verliehen.

Heyl, 1896

Möge die Firma Heyl auch im vierten Vierteljahrhundert ihres Bestehens wachsen und blühen wie bisher. Das ist der Wunsch, den wir dem Inhaber Herrn Gustav Heyl und seinem ihm tat­kräftig zur Seite stehenden Sohne Herrn W a l t h e r H e y l entgegenbringen.“

Zur Leipziger Herbstmesse 1923 zeigte die Firma „eine sorgsam zusammengestellte Auswahl ihrer beliebten Qualitätsinstrumente, die in jeder Hinsicht den nahezu hundertjährigen Ruf der Firma bekräftigen. Ganz besondere Beachtung verdient der 155 cm lange Baby-Flügel in aparter Ausführung, der sich einer immer mehr zunehmenden Beliebtheit erfreut.“

Heyl 1909

Von den Kriegs- und Nachkriegsereignissen blieb auch die Firma Heyl nicht verschont: Sie musste den Betrieb vorübergehend schließen, konnte aber zu Anfang des Jahres 1926 hoffnungsvoll wieder eröffnen und mit wachsendem Erfolge fortgeführt werden, so dass trotz des Ausbaus des Maschinenparks und sonstiger Betriebsmaßnahmen bald schon wieder 75% des früheren Arbeiterbestandes erreicht wurden.

1928 feierte die Pianofortefabrik ihr 100jähriges Bestehen.

„Bis zum Jubiläumstage waren insgesamt über 24.000 Heyl-Instrumente in alle Weltteile gegangen, gewiß ein schöner Beweis des Könnens und Unternehmungsgeistes dieses überall angesehenen Hauses, dem man an der Schwelle seines zweiten Jahrhunderts ein weiteres Blühen und Gedeihen nur aufrichtig wünschen kann.“

Nach H. Henkel, Lexikon Deutscher Klavierbauer, wurde die Firma 1935 aufgelöst und erlosch.