Marquardt & Co., Otto
Pianofabrik, Berlin, 1905 – 1931
Die handelsgerichtlich eingetragene Berliner Firma ist unter den vielen Berliner Klavierfabriken keine spektakuläre Firma, keine Patente, keine Hoflieferantentitel, keine Goldmedaillen – sie ist eine von vielen.
„Die OHG wird am 1 April 1905 von Klavierbauer Otto Marquardt, der bisherige langjährige erste Meister der Pianino- und Flügelfabrik von Wilhelm Menzel in Berlin, und Schneidemühlenbesitzer Max Räbiger gegründet, Fabrik und Kontor sind in NO, Weberstraße 13, bisher in Kopernikusstr. 14. Die Firma stellt bessere Exportpianinos her und erreicht 1905 bereits eine Jahresproduktion von 600 Stück.
Max Räbiger scheidet bereits im Juli 1905 wieder aus, Otto Marquardt ist jetzt Alleininhaber, er ändert aber die Firma nicht, zugleich erhält Kaufmann Eberhard Marquardt Prokura. Er wird um den 1. Mai 1908 kaufmännischer Leiter“. (Henkel)
1910 Eintragung eines Zweiggeschäftes im Berliner Handelsregister: „Obermeier-Pianos, Otto Marquardt“, Inhaber Otto Marquardt.
„Die Firma baut ab 1910 Pianinos und Flügel mit pneumatischer Reproduktionseinrichtung unter dem als Warenzeichen eingetragenen Namen ‚Imperiola‘, die Eintragung erfolgte am 31. Dez. 1910. Ein solcher ‚Imperiola-Kunstspiel-Flügel‘ wird 1912 auch mit Transponiervorrichtung gebaut“. (Henkel)
„Die Firma Otto Marquardt & Co. geht mit Gesellschaftsvertrag vom 13. Juli 1910 … auf Otto Marquardt, Eberhardt Marquart und Ferdinand Liebetrau über, die sie unter der bisherigen Firma ‚Otto Marquardt & Co.‘ als GmbH fortführen“. (ZfI)
„Ab 30. Okt. 1914 ist Eberhardt Marquardt nicht mehr Geschäftsführer, im folgenden Monat wird über die Firma eine Geschäftsaufsicht zur Abwendung des Konkurses eingeleitet“. (Henkel)
Die G.m.b.H. wurde 1915 aufgelöst und „ist in seinem ganzen Umfange an Herrn Otto Marquardt übergegangen, der es unter der Firma Otto Marquardt, Flügel- und Pianofortefabrik in Berlin- Lichtenberg, weiterführt“. (ZfI)
Am 20. März 1917 starb im 48. Lebensjahre Otto Marquardt an den Folgen einer Lungenentzündung, aus seinem Nachruf:
„Otto Marquardt zeigte schon in frühester Jugend ein ausgesprochenes Talent für Musik und Interesse für den Klavierbau. Im zwölften Lebensjahre spielte er bereits im Kindergottesdienste das Harmonium. Seine Lehrzeit als Klavierbauer begann er mit 14 Jahren in der Hofpianofortefabrik von J. Quandt in Berlin, und auch nach Beendigung derselben blieb er noch jahrelang in der Quandt’schen Fabrik tätig und konnte reiche Erfahrungen auf dem Gebiete des Klavierbaues sammeln. Später trat er bei der Firma Wilhelm Menzel in Berlin als Werkführer ein und erfreute sich auch dort wegen seiner hervorragenden, fachmännischen Kenntnisse großer Beliebtheit.
Mit bescheidenen Mitteln machte sich Otto Marquardt im Jahre 1905 selbständig. … Seine Fabrikate waren in kurzer Zeit sehr beliebt und erfreuten sich reger Nachfrage, ganz besonders auf die Auslandsmärkte. Bald zeigte es sich, daß die alte Fabrik nicht mehr ausreichte, um den Anforderungen genügen zu können. Es wurde daher eine Vergrößerung des Betriebes vorgenommen, indem die Fabrikräume um das Dreifache erweitert wurden, so daß sie nunmehr ein ganzes Gebäude beanspruchten.
(Interessant ist, dass einige Pianofabriken in der ersten oder zweiten Etage eines Gebäudes ihre Fabrik betrieben.)
Eine weitere Vergrößerung erfuhr die Fabrik im Jahre 1910, wo der Betrieb unter der Firma Otto Marquardt & Co. G. m. b. H. nach Berlin – Lichtenberg, Siegfriedstraße 202, verlegt wurde. Hier wurde zur Modernisierung des Betriebes ein eigenes Maschinenhaus angelegt und alles auf das Vorteilhafteste eingerichtet. Die Fabrik beschäftigte bei Kriegsausbruch 125 Arbeiter und stellte jährlich 1200 Pianiuos und Flügel her.
Otto Marquardt’s Lebenswerk war von Erfolg gekrönt, wenn ihm auch geschäftliche Widerwärtigkeiten nicht erspart geblieben sind. Im Oktober 1915 übernahm er die Fabrik als alleiniger Inhaber unter der Firma Otto Marquardt. – Das Geschäft wird nunmehr von den Erben des Verstorbenen unter unveränderter Firma und in seinem Sinne und Geiste fortgesetzt werden“. (ZfI)
„Die Firma Otto Marquardt … hat 1922 einen neuen Katalog herausgebracht, der sowohl durch seine gediegene, vornehme Aufmachung (geschmackvolle Prägung der Titelvignette in Schwarz und Gold, vorzügliche Ausführung der Klischees und schöner Druck), als auch durch sein handliches Format anspricht. Er enthält in zweifarbigem Druck die gangbaren Flügel-, Piano- und Spielermodelle nebst erläuterndem Text in 5 Sprachen. Der Katalog steht Interessenten kostenlos zu Verfügung. – Ferner gibt die Firma Otto Marquardt die Reproduktion einer künstlerischen Zeichnung von Lutz Ehrenberger heraus, die ein vornehmes Schmuckstück für jedes Magazin bildet. Auch diese Zeichnung wird gerahmt kostenlos abgegeben. Es sei noch bemerkt, daß die Firma Otto Marquardt auf der III. Musikfachausstellung mit der Großen Silbernen Medaille ausgezeichnet wurde“. (ZfI)
1924 und 1925 stellte die Firma Otto Marquardt nicht in Leipzig zur Messe aus.
„Die Firma Otto Marquardt … hat in diesen Tagen ihr 15 000. Piano geliefert. In den 21 Jahren des Bestehens der Firma haben also jährlich mehr als 700 Instrumente die Fabrik verlassen, ein Beweis dafür, daß es der Firma gelungen ist, dank ihres Prinzips, nur Qualitätserzeugnisse herzustellen, sich einen großen Abnehmerkreis zu schaffen. Hervorragenden Anteil an dem guten Ruf, den das Fabrikat ‚Marquardt‘ im In- und Auslande genießt, hat ein Stamm langjähriger Facharbeiter. Eine eindrucksvolle Feier im Betriebe gab dem Ereignis einen würdigen Rahmen“. (Musikinstrumenten-Zeitung, Band 36, Heft 14, S. 740 vom 05.07.1926)
„Im Nov. oder Anfang Dez. 1927 stellt die Firma die Zahlungen ein, am 13. Jan 1928 wird das Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses eröffnet, womit jedoch das Konkursverfahren über das Vermögen der Firma nicht verhindert werden kann, das am 30. Mai 1928 eröffnet und im Aug 1930 nach Schlußtermin aufgehoben wird. Die Auflösung der Gesellschaft und das Erlöschen der Firma wird bereits im Aug. 1929 gemeldet. Die Zweigfirma ‚Obermeier Pianos Otto Marquardt‘ besteht noch bis Okt. 1938, sie wird beim Konkursverfahren der Stammfirma nicht erwähnt“. (Henkel)
1931 wurde die „Otto Marquardt Gesellschaft“ aufgelöst, die Firma erlosch.