Zeitter & Winkelmann

Pianofortefabrik in Braunschweig, 1837 – 1963

– Ein Piano mit Rasten aus gepresstem Stahlblech
– Arbeiter mit englischer Arbeitszeit
das gab es in der Pianofortefabrik von Zeitter & Winkelmann

„Christian Theodor Winkelmann und sein Schwiegersohn, der Engländer Friedrich Zeitter, gründen 1837 die OHG von London aus als zunächst kleinen Handwerksbetrieb, in welchem Zeitter nur Hammerköpfe herstellt und egalisiert, während Winkelmann mit wenigen Mitarbeitern Flügel und Tafelklaviere baut. […] 1865 werden erst 20 Arbeiter beschäftigt. 1881 ist die Firma in Wollmarkt 3, 1886 in Roßstraße 17. Nach dem Tod von Otto Winkelmann 1890 geht die Firma auf die drei minderjährigen Kinder Otto, Elisa, genannt Else, und Rudolf über, die Witwe Elise geb. Kurka wird als Vormünderin zeichnungsberechtigt“. (Zitat aus H. Henkel, Lexikon deutscher Klavierbauer, S. 719f)

ZeitterW 1891

Zur sogenannten englischen Arbeitszeit veröffentlichte die Firma einen Artikel 1899:
„Auf die in der neuesten Ausgabe der ‚Zeitschrift für Instrumentenbau’ von Ihnen gebrachte Notiz betreffs englischer Arbeitszeit Bezug nehmend erlauben wir uns Ihnen mitzuteilen, dass wir dieselbe bereits seit 1892 in unserem Betrieb eingeführt haben und zwar Winter und Sommer von 7 Uhr Vormittags bis 5 Uhr Nachmittags mit einer Frühstückspause von ½ 9 bis 9 Uhr und einer Mittagspause von 1 – ½ 2 Uhr. Die Einführung einer Frühstückspause war erforderlich, da wir ja schon um 7 Uhr früh beginnen. Die Arbeiter haben sich rasch an die englische Arbeitszeit gewöhnt und sind sehr damit zufrieden“.

Im Dez. 1899 wurde der jüngste Sohn Rudolf Winkelmann volljährig und neben dem Bruder Otto und dem Schwager Ernst Meyer als zeichnungsberechtigter Inhaber eingetragen.
„Am 14. Juni 1902 blickte Herr Elias Braasche, Werkführer in der Pianofortefabrik von Zeitter & Winkelmann in Braunschweig, auf eine 50jährige ununterbrochene Wirksamkeit in derselben zurück. In seltener Pflichttreue hat der Jubilar drei Generationen seine Dienste gewidmet“.
Elias Braasche wurde am 24. September 1828 in Braunschweig geboren. „Bald nach Ableistung seiner Dienstzeit bei der damals in Braunschweig garnisonierenden Artillerie trat er im Jahre 1852 in die im Jahre 1837 gegründete Pianofortefabrik von Zeitter & Winkelmann als Tischler ein. […] Als die Pianofortefabrikation in Deutschland Anfang der siebziger Jahre einen allgemeinen schnellen Aufschwung nahm, erweiterte sich auch die von Christ. Theod. Winkelmann und Friedr. Zeitter aus London geleitete Fabrik ganz bedeutend, und es wurde zu dieser Zeit Herr Braasche, der sich in jeder Weise als pflichtgetreuer Beamter und begabter Instrumentenmacher erwiesen hatte, als Werkführer eingesetzt. Jahrelang erfüllte Braasche die aufreibenden Pflichten eines Werkführers treu und gewissenhaft. Als die Fabrik in den achtziger Jahren unter Leitung des Hofpianofortefabrikanten Herrn Otto Winkelmann, des Vaters der jetzigen Chefs, wiederum um das Doppelte vergrößert wurde, erhielt Herr Braasche den Vertrauensposten eines Lagermeisters.
Als dann im Jahre 1890 Herr Otto Winkelmann in seinen besten Schaffensjahren das Opfer einer schweren Krankheit wurde und seine Kinder in jugendlichem Alter der Obhut der Mutter hinterließ, da war es Herr Elias Braasche, welcher in unermüdlicher Pflichttreue der Witwe und den unmündigen Kindern wacker zur Seite stand. […] Das goldene Arbeitsjubiläum, das er in diesen Tagen feiert, ehrt nicht nur ihn, sondern auch die Firma, der er so viele Jahre gedient“.

Unter der Überschrift: „Das goldene Arbeits-Jubiläum in der Firma Zeitter & Winkelmann in Braunschweig“ wurde in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift für Instrumentenbau (Juni 1902) ein längerer Artikel gedruckt. Wie kam es zu solcher Ehrung?
Es handelte sich „…um ein Ereignis, das im heutigen industriellen Erwerbsleben eine große Seltenheit bedeutet …“ Anwesend waren Fach- und Berufsgenossen aus Berlin, Hannover, Ostpreußen, den Rheinlanden, Bayern, auch Vertreter der Handelskammer und des „Stadtverordnetencollegiums“. Mit dem Konfirmationsspruch des Elias Braasche: „Bleibe fromm und halte dich recht“ (Psalm 37,37) grüßte und ehrte der Mit-Inhaber Ernst Meyer den Jubilar. Sogar der „S. K. H. der Regent, der Prinz Albrecht von Preußen“ geruhte gnädigst „dem Jubilar das neben dem Herzoglichen Orden Heinrichs des Löwen gestiftete Verdienstkreuz 1. Klasse zu verleihen“.
Weiter erhielt er die Glückwünsche des Vertreters der Deutschen Pianohändler, der Kegel- und des „Scatclubs“.
Es folgten musikalische Ehrungen, Stadtrundfahrten in „zahlreichen Landauern“, wobei der Dom und die Burg Dankwarderode besichtigt wurden. Ein Festmahl mit „60 Gedecken“, begann allerdings erst „4 1/2 Uhr“. Damit nicht genug, nach „Beendigung des Mahles … begaben sich die Festgäste zu Wagen nach dem `Weißen Roß’, wo inzwischen die Vorbereitungen zu einem Festballe … getroffen wurden“. Erst am nächsten Morgen, einem Sonntag, nachdem „ein frugales Wurstfrühstück“ eingenommen wurde, trennte „man sich in dem Bewusstsein, ein ebenso seltenes wie schönes Fest verlebt zu haben“.

ZeitterW P-Nachricht

E. Braasche verstarb 1908, wenige Tage nach seinem 80. Geburtstag.
Kurz nach 1900 wurden 2 Flügel und 12 Piano-Modelle hergestellt.
Die Pianohandlung von Adolf Peters in Hildesheim wurde am 1. Juli 1904 käuflich erworben und bestand fast 10 Jahre.

Das 20.000 Instrument wurde 1910 fertiggestellt.

Von Streiks in der Klavierbranche hörte man wenig. Wenn aber die Verhandlungen zwischen der Firma und der Arbeiterschaft im Jahre 1910 nach vier Tagen „resultatlos“ verlaufen, dann geht der Streik weiter. Immerhin hatte die Firma „Aufbesserungen“ für die Polierbranchen in Höhe von teilweise 5% und teilweise 10% zugewilligt“. Weitere „Aufbesserungen“ waren nicht möglich.
Der Werkführer der technischen Abteilung, August Schrader, beging 1905 sein 25jähriges Arbeitsjubiläum. 1911 wurde er seines 40jährigen Wirkens in der Firma geehrt. „Wie der Jubilar auf dem Felde der Ehre 1866 und 1870/71 seinem Kriegsherrn die Treue gehalten, so hat er auch drei Generationen hindurch als pflichtgetreuer und tüchtiger Mitarbeiter gewirkt“.
Ein Pianolager wurde 1921 als neue Firma eingetragen. Besitzer und Besitzform wechselten immer wieder mal. Gegenstand des Unternehmens: An- und Verkauf, Verleihen von Musikinstrumenten, mit allen Zubehör.

ZeitterW Warenzeichen

Eine Niederlassung der Pianofabrik wurde 1922 in Buenos Aires gegründet, „Gegenstand des Unternehmens ist der Vertrieb von Klavier und Stahlrohrmöbeln“, sie bestand bis 1926.

ZeitterW 1920

Wieder gab es 1923 ein „Arbeitsjubiläum …: Bei der Firma Zeitter & Winkelmann, Hofpianofortefabrik in Braunschweig, feierte am 11. November d. J. der Betriebsleiter Herr Paul Hauser das 25jährige Jubiläum seiner Tätigkeit. Er ist als Flügelzusammensetzer im Jahre 1898 in die Firma eingetreten, hat dann den gesamten Klavierbau praktisch durchgearbeitet und ist seit 1906 als Werkmeister tätig, in welcher Eigenschaft er die gesamte Leitung des Betriebes unter sich hat, Insbesondere hat Herr Betriebsleiter Hauser die Organisation der maschinellen Einrichtungen in geradezu mustergültiger Weise durchgeführt und sich auch große Verdienste erworben in der schweren Kriegszeit durch sehr zweckmäßige Arbeitsmethoden und Vorkehrungen bei der Herstellung von Kriegsmaterial. Als durch einen großen Brand im Dezember 1917 ein Teil des Fabrikgebäudes der Firma Zeitter & Winkelmann vernichtet wurde, hat Herr Hauser tatkräftig eingegriffen und in interimistischen anderweitig gelegenen Räumen die Fabrikation weiter aufrechterhalten. Heute werden in der 1918 neu aufgebauten Fabrik, die durch zwei Erweiterungsbauten 1920 bis 22 sowie einen Neubau wesentlich vergrößert ist, insgesamt etwa 500 Mann beschäftigt, deren Oberaufsicht. Herrn Hauser obliegt. Alle diese Verdienste des Herrn Hauser wurden von den Inhabern der Firma … besonders hervorgehoben… Ebenso sprachen auch die Beamten und Werkmeister ihre Glückwünsche aus. …
Ganz besondere Würdigung fand die Feier durch Herrn Geheimrat Stegemann von der Handelskammer, der Herrn Hauser in Anerkennung seiner Verdienste die ihm verliehene silberne Medaille überreichte“.

ZeitterW 1924

Der Salonflügel, der 1924 gefertigt wurde, mit der Nummer 30.000, „soll bei Konzerten kleineren Rahmens als Begleitinstrument so Solovorträgen und für Kammermusik Verwendung finden. (…) Möge es stolzes Zeugnis ablegen für deutschen Unternehmergeist und deutsche Arbeit im allgemeinen und für die Bedeutung dieses kraftvoll emporblühenden Hauses im besonderen“.
Rudolf Winkelmann erhielt 1924 anlässlich seines 25jährigen Jubiläums als Mitinhaber der Firma, von der Technischen Hochschule Braunschweig das Diplom zum Dr. ing. h. c. überreicht.
Auch diese Festlichkeit gestaltete sich so für uns doch in ungewohnter Weise. Anwesend waren die ganze Familie Winkelmann, „die Beamten und Vertreter der Arbeiterschaft, Vertreter der Behörden und der Presse“. Otto Winkelmann sprach von den Verdiensten seines Bruders, der ja ursprünglich die Absicht hatte, Eisenbahningenieur zu werden. Schließlich sich doch entschloss, in das väterliche Geschäft einzutreten. Für die Beamten sprach Dr. jur. Bracke, der als Festgabe ein silbernes Schiff überreichte. „Der Steuermann fehle ihm noch; die Beamten hätten aber den Wunsch, daß Rudolf Winkelmann das Schiff der Firma als Steuermann noch lange durch alle Fährnisse der zeit hindurchführen möchte. […] In besonders herzlichen Worten sprach Kontorbote Zimmermann für die Kutscher, Kraftwagenführer, Nachtwächter und Portiers der Firma. Er überreichte eine Blumenspende mit dem Wunsche, daß die Firma ewig blühen möge“.

Grundsteinlegung des Winkelmann-Saales
„Der 30. September 1924 wird in die Geschichte des Hauses Winkelmann und der Firma Zeitter & Winkelmann als ein Festtag erster Ordnung in der Erinnerung bleiben. Auch für die Geschichte der Stadt Braunschweig wird dieser Tag bedeutungsvoll sein, denn er brachte die feierliche Grundsteinlegung des neuen Winkelmann-Saales, der dem Kunstleben unserer Stadt eine weitere Entwickelung gestatten soll. Nachmittags versammelte man sich auf dem Grundstück Breite Straße 1 zur festlichen Grundsteinlegung zum Winkelmann-Saal. Die Baustelle war zu diesem Zweck durch Blumengewinde festlich geschmückt worden. Nachdem der Braunschweiger Männergesangverein … die Feier mit Beethovens machtvollem Chor „Die Ehre Gottes aus der Natur“ eröffnet hatte, ergriff Oberbürgermeister Retemeyer das Wort zu einer Ansprüche. … Das Entstehen des Winkelmann-Saales verdanke man einer Stiftung. Stiftungen seien in Braunschweig in der Vergangenheit häufig gemacht worden, aber die Zeiten seien schwer geworden, und besonders die Sturmflut der Inflation habe die Stiftungen vernichtet. Darum sei es mit besonderer Freude zu begrüßen, daß in dieser schweren Zeit ein Mitbürger eine neue Stiftung errichte. In dieser Zeit, wo Gemeinden und Reich gezwungen seien, die Steuerschraube fest anzuziehen, stellten sich häufiger als sonst Gegensätze zwischen den Belangen der Gesamtheit und des einzelnen heraus. (Wie aktuell!) Um so erfreulicher sei es, daß in diesem Falle eine Form gefunden worden sei, in der den Belängen beider Teile, der Allgemeinheit und des Stifters, Rechnung getragen wird. In dieser Zeit höre man viel den Ruf, daß das Volk seine Ideale nicht verlieren dürfe. Ein wahres Wort, aber schwer zu erfüllen! Hier sei die Forderung erfüllt worden, denn hier solle eine Stätte geschaffen werden, die den Idealen der Kunst dient. Hier solle die Liebe zum Guten und Schönen gepflegt worden. Dafür sagte Oberbürgermeister Retemeyer den Stiftern im Namen der Stadt Braunschweig herzlichen Dank. […] Nach einem kurzen Vorspruch unterzeichneten darauf die Anwesenden des Dokument, das dem Grundstein einverleibt werden soll. Das Dokument wurde in einen kupfernen Kasten verschlossen und dieser dem Grundstein einverleibt. Mit Segenswünschen für den künftigen Bau taten darauf die Anwesenden die üblichen drei Hammerschläge“.

1926 – Gründung einer Interessengemeinschaft
„Die altangesehenen Pianofabriken J. L. Duysen GmbH in Berlin und Zeitter & Winkelmann in Braunschweig teilen durch ein gemeinsames Rundschreiben mit, dass sie eine enge Interessengemeinschaft geschlossen haben. Wie in dem Rundschreiben hervorgehoben wird, hat die Notwendigkeit, nur mit ganz moderner, bis in die kleinsten Teile zerlegten Fabrikation und entsprechender Organisation zu arbeiten, es erforderlich gemacht, die Fabrikation sowie auch die kaufmännische Organisation zu vereinigen. Die Erzeugnisse beider Firmen werden ohne die geringste Veränderung und in der bewährten Qualität unter Leitung der bisherigen Fachleute in Braunschweig und nach wie vor weiter geliefert. Die für die Firma J. L. Duysen GmbH in Berlin bestimmte Korrespondenz ist zunächst wie bisher an die Adresse der Firma J. L. Duysen GmbH, Berlin SW 48. Friedrichstraße 219, zu leiten“.
Zur ersten Industrie-Messe 1927 in Sao Paulo erhielt die Firma die Goldene Medaille.

Wer kennt noch so ein Instrument von 1927? Leider ist kein Bild vorhanden. Piano mit Rasten aus gepresstem Stahlblech
Ein Piano (D.R.P. 415426) wurde im Okt. 1925 fertiggestellt. „Wie die Firma erklärte, wurde das Instrument etwa 18 Monate hindurch täglich 4 bis 5 Stunden stark benutzt, ohne dass Stimmung und Form irgendwie gelitten und Stimmer oder Techniker Hand angelegt hätten. Die Absicht der Firma geht dahin, mit dieser Neuheit ein stabiles, absolut wetterfestes Fundament für den Klangkörper zu schaffen. Von besonderen Vorteil sei der Fortfall der den Resonanzboden zur Hälfte bedeckenden eisernen Gussplatte bis auf eine ebenfalls aus Stahlblech gepresste kleine Anhängeplatte für die Saiten“.

1928 begann man mit dem Bau von Sprechmaschinen.

Am 17. Dez. 1928 feierte Dr. Winkelmann seinen 50. Geburtstag. Von seiner Jugend an zeigte er großes Interesse für Technik und für den Ingenieurberuf. Der Tod seines Vaters Otto veranlasst ihn, in der väterlichen Fabrik sich zu betätigen. Mit seinem Bruder wurde er einige Zeit später Inhaber der Firma. „Eine glückliche Vereinigung von technischen und kommerziellen Fähigkeiten, sowie sein rastloser Fleiß ermöglichten es ihm …. die Firma zur heutigen Bedeutung emporzuführen, wobei nicht zuletzt seine vielen Weltreisen ausschlaggebend waren. Dr. Winkelmann war einer der ersten, welcher erkannte, dass auch in der Pianoforteindustrie noch viel zu verbessern sein und der, angeregt durch Besichtigung amerikanischer Fabriken, diesen Gedanken verwirklichte und mit der Mechanisierung vor ca. 3 Jahren begann. – Als im Herbst 1925 infolge der großen Wirtschaftskrise ein überwiegend großer Teil der deutschen Klavierhändlerschaft mangels einer Möglichkeit, die Abzahlungsgeschäfte zu finanzieren, in seiner Existenz stark bedroht wurde, gründete Dr. Winkelmann zusammen mit wenigen anderen Fabrikanten die „Kreditgemeinschaft Deutscher Pianofortefabriken“. – Obwohl die Existenz dieser Finanzierungsmöglichkeit sehr häufig bekämpft wurde, steht doch fest, dass ohne diese mindestens 20.000 Klaviere pro Jahr in Deutschland weniger verkauft wären. Ohne diesen hierdurch ermöglichten Mehrabsatz wäre eine Verteuerung der Instrumente um mehrere hundert Mark unvermeidlich gewesen.
Die dauernd schlechte Lage der Industrie zwang dazu, weitere Verbilligungen in der Produktion herbeizuführen, und es wurde dann von Dr. Winkelmann mit mehreren gleichgesinnten, prominenten Kollegen die „Interessengemeinschaft Deutscher Pianofortefabriken“ ins Leben gerufen, welche nicht nur Großeinkaufskredite beschaffte, sondern auch die dringend notwendige Verbilligung des Einkaufs selbst erzielen konnte und sich außerdem auch die unbedingt erforderliche Normalisierung der Bestandteile zur Hauptaufgabe machte. Auch bei den kürzlich zum Abschluß gekommenen Bemühungen, die Gesundung des Klavierhandels durch Herausgabe gemeinsamer, für ganz Deutschland bindender Verkaufsbedingungen herbeizuführen, durch die Konstituierung einer Kommission aus Klavierfabrikanten und Händlern, war Dr. Winkelmann an hervorragender Stelle beteiligt“.

ZeitterW Portät

Wieder wurde ein goldenes Dienstjubiläum gefeiert.
„Am 17. Oktober 1929 fand in einem der großen, lichten Arbeitssäle der Pianofortefabrik Zeitter &, Winkelmann in Braunschweig eine eindrucksvolle Feier statt, an welcher die Inhaber mit ihren Familien, sowie das gesamte kaufmännische und technische Personal dieser Firma teilnahmen. Es handelte sich um das 50jährige Dienstjubiläum des Klaviermachers Ludwig Prevót, welcher am 17.Oktober 1879 als Tischlergeselle in die Dienste der genannten Firma eintrat und sich jederzeit durch seine Geschicklichkeit und vorbildliche Pflichttreue als ein wertvoller Mitarbeiter erwiesen hat. […] Die Firma Zeitter & Winkelmann hat von jeher besonderen Wert darauf gelegt, sich einen Stamm zuverlässiger und tüchtiger Mitarbeiter heranzubilden und zu erhalten, wovon der heutige große Kreis ihrer Jubilare Zeugnis ablegt, die 25, 30, 40 Jahre und mehr ununterbrochen dort tätig sind“.                Artikel vom November 1929:
„Verschmelzung In der Piano-Industrie.
Seit Monaten sind uns die Bestrebungen bekannt, eine Anzahl von Pianofabriken infolge Absatzschwierigkeiten zusammenzulegen. […] Sie berichtet, daß die Verhandlungen unmittelbar vor dem Abschluß stehen, wonach die Firmen Zeitter & Winkelmann, Braunschweig, J. L. Duysen G. m. b. H., Berlin, Richard Götze, Berlin, Matz & Co. Nacht., Berlin, Gebr. Niendorf A. G., Luckenwalde, Wilhelm Schimmel, Leipzig, Rheinische Pianotortefabriken A. G., vorm. C. Mand in Koblenz und W. Ritmüller A.G., Göttingen, zur Firma Deutsche Pianowerke A. G. mit dem Sitz in Braunschweig verschmolzen werden sollen, deren kaufmännische Oberleitung in den Händen des Herrn Dr. Rudolf Winkelmann liegen wird. Wie gleichzeitig verlautet, sollen nur die beiden Fabriken in Braunschweig und Luckenwalde als Produktionsstätten fortgeführt, die übrigen aber stillgelegt werden. Über diese einschneidende Maßnahme wird noch zu berichten sein, sobald die Verschmelzung Tatsache geworden ist“.

Zur Zusammenschlussbewegung in der Piano-Industrie.
Eine Notiz, die am 9. Dezember 1929. im Handelsteil der „Leipziger Neuesten Nachrichten“ unter der Überschrift „Die Deutschen Pianowerke A.-G. in Braunschweig gegründet“ erschienen ist:
„Die Gründung der Deutschen Pianowerke A.-G. in Braunschweig unter Beteiligung der Pianoforte-Fabriken (s. oben) denen sich noch die altbekannte Pianoforte-Fabrik Ernst Rosenkranz in Dresden angeschlossen hat, ist nunmehr erfolgt. wenn auch die handelsgerichtliche Eintragung noch aussteht“.
Es handelt „sich nicht allein um eine durch die heutige Lage der Piano-Industrie bedingte Maßnahme, sondern vor allem um eine rechtzeitige Vorbeugung gegen eine etwaige weitere Verschlechterung des Marktes. Die Erstarkung eigener Piano-Industrien in den Haupteinfuhrländern in Verbindung mit den hohen Zollmauern hat die Absatzfähigkeit des deutschen Klaviers in einschneidender Weise beeinflusst. An erster Stelle stand die Forderung, durch Zusammenfassung aller Kräfte und durch Beschränkung auf zwei Betriebe, Verwaltungs- und Betriebskosten zu ersparen und gleichzeitig die Produktionskosten zu senken. Die neue Firma stellt alle in den Zusammenschluß einbezogenen Marken auch weiterhin her, nur werden sie unter einheitlicher Leitung nach dem Rationalisierungssystem der Firma Schimmel in Leipzig hergestellt. Dieses bewährte System bedingt eine Vereinheitlichung und Verbilligung der Arbeitsgänge und bewahrt insbesondere Qualität, Klangcharakter und alle Sonderarten der in der Deutsche Pianowerke A.-G. vereinigten Marken. Einheitliche Oberleitung verbürgt die strenge Durchführung des Betriebsprogrammes, wofür in Braunschweig und Luckenwalde ein geübter Arbeiterstamm und großzügige Fabrikationsanlagen zur Verfügung stehen. Auch in Leipzig, wo die Fabrikation der Schimmel-Flügel fortgeführt wird, ist dies selbstverständlich der Fall. Jede der zusammengeschlossenen Firmen besitzt ihren eigenen Kundenkreis, der, wie bereits mitgeteilt, von den bisherigen Marken-Inhabern weiterhin gepflegt wird.“
Die Firma Dr. R. Winkelmann & Co. K.-G. besaß die Generalvertretung der durch die Firma Deutsche Piano-Werke A.-G. in Braunschweig hergestellten Marken. Sämtliche Marken wurden nach den ursprünglichen Modellen und Zeichnungen gebaut.
Aber schon 1933 erfolgte die Auflösung der D.P.W. AG.

ZeitterW, 1935

1935: Eintragung im Handelsregister: Firma heißt: Dr. R. Winkelmann & Co., K.-G. Der persönl. haftende Gesellschafter ist Ing. h. c. Rudolf Winkelmann. Karl Niendorf, Luckenwalde, verlor „fast sein gesamtes Vermögen durch den Zusammenbruch der D.P.W.“ Dr. Rudolf Winkelmann stellte dazu fest: „daß die Angabe, Herr Niendorf habe durch den Zusammenbruch der D. P. W. fast sein gesamtes Vermögen verloren, den Tatsachen nicht entspricht, daß Herr Niendorf vielmehr bereits vor der Gründung der D. P, W. durch den Zusammenbruch der Firma Gebr. Niendorf- A. G. fast sein gesamtes Vermögen eingebüßt hatte. Das Aktienkapital der Gebr. Niendorf A. G. mußte bereits in der Generalversammlung vom 28. Dezember 1929 im Verhältnis 100 = I zusammengelegt werden, was einem Totalverlust gleichkam, und Herr Niendorf hat weitere Vermögenswerte als seine Beteiligung an der Niendorf A. G. in die D. P. W. nicht eingebracht“.
Frau Elise Winkelmann feierte am 3. Okt. ihren 85. Geburtstag. Drei Jahre später starb sie im 88. Lebensjahr. Die geborene Wienerin sorgte „für die innere Organisation und den Ausbau der Kundschaft in Deutschland und auch im Auslande und unternahm selbst häufige Reisen nach Holland, Belgien, England, Schweiz und Österreich-Ungarn. Im Jahre 1894 wurde von ihr eine Stiftung gemacht, wonach dem besten Pianisten in dem Braunschweiger bzw. Wolfenbütteler Lehrerseminar jedes Jahr bis zum Kriegsausbruch ein neues Piano geschenkt wurde“.

1938 erhielt die Firma J. L. Duysen, Pianofabrik, wieder ihren ursprünglichen Namen durch die Umwandlung der GmbH.

Leipziger Messe wurde 1938 ein klangschönes Kleinklavier in verschiedenen modernen Ausführungen und dem „dankbaren“ Kleinflügel ausgestellt.
Ein Jahr später stellte die Firma ein Kleinklavier mit 102 cm aus.

ZeitterW, 1938

Rudolf Winkelmann feierte 1939 seinen 60. Geburtstag, zwei Jahre später starb er mit erst 64 Jahren. „Er war einer der ersten deutschen Fabrikanten, die neue Fabrikationsmethoden in der Pianofortefabrikation einführten. Durch die Gründung der `Kreditgemeinschaft Deutscher Pianofabriken` erleichterte er den Händler den Einkauf der Klaviere. Später gründete er mit mehreren Pianofortefabrikanten die Ìnteressengemeinschaft Deutscher Pianofortefabriken`. Mit kaufmännischen Verständnis und Weitblick förderte er auch den Export in zäher persönlicher Arbeit auf zahlreichen Weltreisen. Nach dem kriegsbedingten Aufhören der Exporttätigkeit wandte sich Dr. Winkelmann mit größter Energie der Erzeugung kriegswichtiger Artikel zu“.

„Im Okt. 1947 wird die Produktion in Vereinigung mit der Firma Dreinhöfer wieder aufgenommen, es werden Pianinos 112 und 118 gefertigt, 1956 die Pianinos 108, 112 und 120 sowie unter der Marke Dreinhöfer 108 und 112, 1962 die Pianinos 99 und 108.
Ab 1963 wird die Marke von Seiler in Kitzingen produziert, ab 1986 werden die Seriennummern mit denen von Seiler vereint“. (Zitat aus H. Henkel, Lexikon deutscher Klavierbauer, S. 719f)