Donath, Max

Pianofortefabrik in Zittau,  1902 – 1939

Im jetzigen Dreiländereck – an der süd-östlichsten Ecke von Sachsen, am Fuße des schönen Zittauer Gebirges, in der Nähe der Bechstein’schen Weltfirma – gab es in Zittau vor langer Zeit ein Geschäft, aber mit vier Firmen.
Das erste Geschäft, die Pianofabrik, begann 1882 mit „F. Reinhold Flemming“.
Zu Beginn des Jahres 1886 firmierte die Pianofabrik unter „Flemming & Melzner“.

Am 5. Mai 1898 verstarb nach „langem schweren Leiden im 53. Lebensjahre“ der Pianofabrikant Reinhold Flemming. Als Teilhaber tritt 1900 „in das genannte Geschäft“ Herr Max Donath ein, „das vom 1. April ab Melzner & Donath firmiert“.
Max Donath wurde am 11. Februar 1868 in Seifhennersdorf geboren.

Die beiden Herren Melzner und Donath kauften ein größeres Grundstück (Lessingstraße 26), „um die Herstellung von Pianos in größerem Umfange zu betreiben. Das neue Fabrikgebäude ist mit allen Einrichtungen der Neuzeit, Dampfkraft, elektrischem Licht und vortheilhaftem Maschinen-Betrieb versehen und noch erweiterungsfähig“.

1902 fand die „Oberlausitzer Gewerbe- und Industrie-Ausstellung“ in Zittau statt mit folgendem Bericht:
„Ein automatisches Pianino hat auch die rührige Zittauer Pianofortefabrik […] ausgestellt […]. Dieses elektrische Instrument – Heilbrunn‘s selbstspielendes Pianino, deutsches Reichsgesetz-Muster und Patent – arbeitet selbstthätig nach pneumatischem Saugsystem und wird getrieben durch einen Akkumulator, der auch die Beleuchtung versorgt. Es besitzt einen Temporegulator und Notenrollen bis zu 30 m Länge. Das Instrument kann gleichwohl jederzeit als Pianino gespielt werden, bei elektrischem Antrieb gehen die Tasten der Klaviatur mit. Der Apparat funktionirt bei einfacher Bedienung tadellos, der Notenrücklauf wirkt selbstthätig, und ein reich ausgestattetes Nußbaumgehäuse vervollkommnet dieses 1700 Mk. kostende Pianino. Von eigenen Fabrikaten hat die Firma acht Pianinos in der Preislage von 600 – 1100 Mk. ausgestellt. […] Alle Instrumente zeichnen sich durch elastische Spielart, Wohlklang und gute Stimmung aus und lassen, wie Berichterstatter im Gegensatz zu manch anderem Instrumente aus Erfahrung weiß, diese Vorzüge noch nach Jahren erkennen: sie halten, was sie versprechen. Möchte auch diese aufstrebende Firma allenthalben die gebührende Annerkennung durch reichliche Aufträge finden“.
Die Firma wurde geehrt mit einem „Diplom zur goldenen Ausstellungsmedaille“.

… sie halten, was sie versprechen…“ – aber wie lange? Erfahrungen aus späterer Zeit sagen etwas anderes.

Im gleichen Jahr ging die bestehende Firma „Melzner & Donath“ durch Kauf „in den alleinigen Besitz des bisherigen Mitarbeiters Herrn Max Donath“ über. „Herr Donath, welcher nach Gründung des genannten Geschäftes bei den Herren Flemming & Melzner das Fach gründlich erlernte, hat dann in ersten und angesehenen Pianoforte-Fabriken Deutschlands, wie Bechstein-Berlin, H. Kohl-Hamburg, Mayer & Co.-München, E. Kaps-Dresden gearbeitet. Er dürfte also in der Lage sein, den guten Ruf, dessen sich die Erzeugnisse der Firma Melzner & Donath erfreuen, zu erhalten und weiter zu befestigen“.
1907 feierte die Firma ihr „25jähriges Bestehen“. Bei allen vier Firmen wurde das Gründungsdatum mit 1882 angegeben. Bei jeder Neufirmierung übernahm die neue Firma die bisherigen Firmenrechte.

Aus der Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg fand ich keine Nachweise.

Zu Max Donath gesellte sich sein Sohn Walter Donath. Im Handelsregister wurde 1923 eingetragen: „Dem Kaufmann und Klavierbauer Walter Donath wurde Einzelprokura erteilt. Zur alleinigen Vertretung der Firma sind demnach die Herren Max Donath (Inhaber) und Walter Donath berechtigt. – Im Anschluß hieran sei noch bemerkt, daß die Firma in der Fabrikation jetzt bei der Nummer 5.000 angelangt ist. Umfangreiche Lager in allen Bestandteilen und ausgesuchte Holzpflege bürgen für die Güte der Instrumente“.
Anfang der Zwanzigerjahre wurden scheinbar die Mitarbeiter knapp. Gesucht wurden „Zusammensetzer, zugleich Vorstimmer“, „Guter Stimmer, der auch zusammensetzen kann, bei hohem Akkordverdienst“, „Ausarbeiter und Vorstimmer, möglichst unverheiratet“.
Am 25. Januar 1935 starb Max Donath, sein Sohn Walter übernahm die Firma bis zur letzten Erwähnung der Firma in der Zeitschrift für Instrumentenbau 1939.
Aus der Zeit um 1930 liegen mir einige persönliche Schreiben im Zusammenhang mit der Firma vor. Zum Beispiel:
Ein eigenartiges Schreiben richtete 1930 Max Donath persönlich an Fräulein NN in Zittau.
Die Dame besichtigte den Ausstellungsraum, Herr Donath aber hatte die Vermutung, „… dass Sie sich im Auftrag oder Interesse einer Konkurrenzfirma bei mir nach einem Pianino erkundigte, ohne gegenwärtig selbst großes Interesse an der Anschaffung eines solchen zu haben“. Er bat die Dame, soweit sie wirkliches Kaufinteresse habe, seine „Fabrikate in die engere Wahl zu ziehen, damit Sie sich von der überragenden Leistungsfähigkeit meiner Firma überzeugen können.
Sie werden finden, dass Sie, wenn Sie bei den verschiedenen Preisklassen die von mir gebotenen Qualitäten vergleichen, mir kaum ein gleichgünstiges Angebot werden nachweisen können. […] Mit der Versicherung meiner vorzüglichen Bedienung und besten fachmännischen Beratung empfehle ich mich Ihnen hochachtungsvoll Max Donath“ (persönlich unterschrieben).

Ein Klavierstimmer wollte ein Donath-Klavier bei einem Herrn Doktor in Zittau stimmen, jedoch:
„Die Stimmung ließ sich aber nicht ausführen, da das Instrument eine Stimmung überhaupt nicht mehr hielt, denn die Wirbel konnte man, wie man sagt, mit den Fingern drehen.
Das Instrument ist etwa 6 Jahr alt und hat immer auf einer Stelle in einem gleichmäßig geheizten Zimmer gestanden (Ofenheizung). Der Besitzer ist natürlich unglücklich und seine Mutter machte die Bemerkung: ‚Na ja, hättest du nur dein altes Instrument behalten. Ich habe es ja gleich gesagt, daß das nichts ist‘.
Das ist der zweite Fall in kurzer Zeit, daß erst einige Jahre alte Donath-Pianos, die hier mit viel Reklame angepriesen werden, keine Stimmung halten und neu bewirbelt werden müssen. Außerdem ist die Verdoppelung des Baßsteges losgeleimt und der Baßsteg ist gesprungen“.
Dieser Bericht stammt aus dem Jahre 1932, ist aber nicht der Einzige:

„Herr NN wollte evtl. sein altes Förster-Piano gegen ein neues Donath-Piano umtauschen. Es wäre aber nicht zu machen gewesen, denn das Donath-Piano habe ihm im Klang nicht gefallen (er sagte wörtlich: es klänge so dumpf und blechern wie ein Schorb), so daß er sein Instrument behalten habe. Förster sei eben doch nicht zu erreichen. Zittau, den 18. April 1932“.
Der Klavierstimmer vermerkte vier Tage später:
„Bei NN mußten ebenfalls neue Wirbel eingezogen werden, da das Instrument keine Stimmung hielt“.

Ein paar Monate später:
„Vor etwa anderthalb Jahren kaufte Herr Oberpostsekretär NN ein Donath-Piano. Das Instrument sollte angeblich etwas gebraucht sein und wurde daher zu einem Vorzugspreise abgegeben. Etwa nach einem halben Jahre stellte sich jedoch heraus, daß das Instrument keine Stimmung hielt. Herr NN beauftragte einen fremden Techniker mit der Stimmung des Instrumentes, dieser erklärte jedoch, daß er es wohl stimmen könne, doch müßte er bedauernd sagen, daß diese Stimmung wahrscheinlich nur ganz kurze Zeit halten würden. Es sei mit diesem Instrument nichts zu machen“.
Herr NN beauftragte die Lieferfirma – mit gleichem Ergebnis. „Nach viel Ärger und verschiedenen Verhandlungen machte die Firma Donath Herrn NN den Vorschlag, daß sie das Instrument gegen Tausch eines neuen unter Zuzahlung von etwa RM 100.– zurücknehmen wolle. Der Umtausch ist inzwischen erfolgt“.

Die Firma beschäftigte sich u.a. auch mit der Frage: Was tun, wenn die Platte einen Sprung hat?
Max Donath sammelte seine Erfahrungen, hielt sie fest und viele Jahre später wurde im EP 1964/1, S. 13 ein Bericht von Oberstudienrat Karl Jung veröffentlicht:
„III. Das Schweißen von Platten
a) Beste Art, von Klavierbaumeister Walter Donath, Zittau/Sachsen, angegeben:
„Ich habe an vielen Eisenplatten der verschiedensten Firmen Schweißungen vornehmen lassen und meistens gute Erfolge erzielt. Es handelte sich mitunter um ziemlich schwierige Sprünge. Die Schweißungen lasse ich ausschließlich autogen vornehmen. (Mit zwei elektrisch geschweißten Platten habe ich vor drei Jahren schlimme Erfahrungen gemacht. Die Platten zersprangen beide beim Beziehen ziemlich gleichartig an drei verschiedenen Stellen.) Ich habe diese Platten anschließend in eine Spezialschweißerei nach Dresden gesandt, wo sie vor dem Schweißen in Spezialöfen auf mehrere 100° erhitzt und in diesem Zustande angeblich spannungsfrei geschweißt worden sind. Da solche Einrichtungen bei hiesigen Firmen fehlen, behelfen sich die hiesigen Schweißer mitunter damit, daß sie große Flächen der Platte mit dem Schweißapparat erhitzen und damit annähernd die gleiche Wirkung erzielen wie mit dem oben geschilderten Ofen. Es gehören natürlich Erfahrungen dazu, wo und in welchem Umfange die Erhitzung angesetzt werden muß. Die beiden oben bezeichneten Platten haben nach der zweiten Schweißung gehalten.“

Kürzlich bekam ich den Auftrag, ein „Donath-Klavier“ zu stimmen. Eigentlich kein Problem, die letzte Stimmung erfolgte vor 6 Jahren – aber: Seriennummer 2.874, geschätztes Herstellungsjahr: 1911. Nun – die Mechanik und Klaviatur zeigten nach ihrer Seriennummer auf das Herstellungsjahr 1929/30 hin. Bekannt ist ja, siehe oben, dass die Donath‘sche Seriennummer 5.000 im Jahr 1923 hergestellt wurde.
Dieses Instrument hat ein Wappen in der Gussplatte.

Meine Freude über das gefundene Wappen war groß, hielt aber nur kurze Zeit an. Denn die Buchstaben sind dem Max Donath nicht zuzuordnen. Wem dann? An der Tastenklappe fand sich schließlich der kleine Hinweis: „Verkauft durch Max Donath“. Also kein Produkt von Max Donath? Wessen Produkt nun?

Nach seinen zahlreichen Anzeigen und Reklamen verkaufte er auch Instrumente anderer Hersteller, nicht nur die in seinen Anzeigen genannten. Ich wandte mich an den Zittauer Klavierbauer Robert Kunkel, er betreut einige Donath-Klaviere. Auf der Suche nach originalen Wappen wurde er schließlich fündig:

Es ist diesmal von M. Donath – oder? In einem anderen Donath-Klavier fand er ein Ornament:

Doch mit diesem Allerwelts-Ornament ist M. Donath auch nicht zu identifizieren.

Mein Dank an Herrn Kunkel, ebenso dem Zittauer Stadtarchiv, welche nur äußerst wenige Details von M. Donath besitzen.
Das Donath‘sche Wappengeheimnis wird doch im Dunkel bleiben.
Meine Idee, postum könnte der Firma Max Donath ein eindeutigeres Wappen verliehen werden: