Schulze & Sohn, später Schulze-Pollmann

Pianofabrik in Zwickau, 1922 – 1927

Albert Schulze aus Zwickau in Sachsen, oder hieß er nach dem Lexikon Dt. Klavierbauer, H. Henkel, Hermann Schulze? Vermutlich nicht.

Schulze ProspektIn der History der Firma Schulze-Pollmann wird er als „namhafter deutscher Klavierbauer“ bezeichnet. War er das? Hat Albert Schulze in der väterlichen oder geschwisterlichen Pianohandlung das Klavierbauhandwerk erlernt? Arbeitete und erweiterte er sein Wissen in einer bisher noch unbekannten Klavierfabrik um zu einem „namhaften Klavierbauer“ zu werden?

In Zwickau, in Sachsen, bestand seit 1900 (nach dem Weltadressbuch von 1929) die Musikalienhandlung von „J. Albin Schulze, Bahnhofstr. 6“. Erst 1909 wurde das „Musikhaus Schulze, Inh. Hermann Schulze“, und als Inhaber der Kaufmann Gotthilf Hermann Schulze im Handelsregister eingetragen. „Angegebener Geschäftszweig: Handel mit Musikinstrumenten“. Vier Jahr ruhte während des Ersten Weltkrieges das Geschäft „da sich der Inhaber im Felde befindet“. 1919 wurde das Musikhaus erneut in das Handelsregister eingetragen.

Orphobella, Musikhaus SchulzeZu den Verkaufsschlager gehörte 1921 der „Orphobella-Vorsetzer“, geliefert von „Ehrlichs Musikwerke“ aus Leipzig-Gohlis.

1922 erfolgte die Eintragung in das Handelsregister: „Firma Schulze & Sohn, Pianofortefabrik in Zwickau i. Sa., Barackenstr.“. Zu den Gesellschaftern der offenen Handelsgesellschaft gehörten die Kaufleute Gotthilf Hermann Schulze und Alwin Hermann Schulze.

 

Ab 1923 inseriert Schulze & Sohn auch die Fabrikation von Pianos und Flügeln. Vermutlich wurden insgesamt nicht mehr als 2.000 Instrumente unter den Namen „Schulze & Sohn, Zwickau“ hergestellt, bzw. die nicht vom ihm hergestellten Instrumente mit seinem Namen versehen. Vielversprechend suchte die Firma: „seriöse Vertreter an allen Plätzen der Welt“.

Die „Pianofortefabrik Schulze & Sohn“ stellte zur Herbstmesse 1923 in Leipzig „einige ihrer bewährten Fabrikate in verschiedenen Modellen und Holzarten aus“. Mehr war nicht zu erfahren.

Piano_Schulze Reklame

Aber schon 1925 wurde über das Musikhaus und die Pianofortefabrik das Konkursverfahren eröffnet. Nicht nur das. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurden der „Inhaber Gotthilf Hermann Schulze und dessen Ehefrau“ verhaftet!

Unordentliche Führung der „Handelsbücher“ wurde dem Ehepaar Hermann Schulze und seiner Ehefrau zum Verhängnis. Am 10 April 1927 fand „vor dem Gemeinsamen Schöffengericht in Zwickau“ die Verhandlung statt. Wegen „einfachen Bankrotts“ erhielt er ein Gefängnisstrafe von sechs Wochen, „welche Strafe durch die Untersuchungshaft als verbüßt gilt. Die Ehefrau Schulze wurde von der Anklage, im Interesse ihres Ehemannes, im Verein mit ihm Vermögensstücke zum Nachteil der Gläubiger beiseite geschafft zu haben, ebenfalls freigesprochen. Eine Schuld ließ sich beiden Angeklagten in dieser Richtung nicht nachweisen. Bei der Verurteilung des Ehemannes Schulze wegen der unordentlichen Führung der Handelsbücher wurden mildernde Umstände angenommen. Obwohl er die Bücher nicht selbst führte, sondern seine Angestellten damit betraute, war er für ordnungsgemäße Buchführung trotzdem verantwortlich“.

Im Jan. 1927 erwirbt die Zwickauer Firma Robert Doss die gesamte Konkursmasse und nimmt die Produktion von Pianinos wieder auf“. Soweit die Informationen aus Zwickau.

In der Zeitschrift für Instrumentenbau stand Ende November 1925 in einer Notiz über die Pianofabrik „Schulze & Sohn“ in Zwickau lediglich: „Der Sohn soll sich im Auslande aufhalten“.

Im Jahre 1923 verließen zwei deutsche Klavierbauer aus Sachsen und Westfalen ihre Heimat, um sich in Italien eine neue Existenz aufzubauen. Albert Schulze aus Zwickau siedelte sich in Bozen an, während es Paul Pollmann aus Unna nach Turin verschlug. Diese Stadt war seit der Jahrhundertwende ein Zentrum der italienischen Klavierfabrikation. Nachdem Paul Pollmann als Betriebsleiter einer italienischen Klavierfabrik begonnen hatte, gründete er bereits nach einem Jahr mit einem Kompagnon eine eigene Klavierfabrik Pollmann & Weiss.

Fünf Jahre später kamen beide Klavierbauer, Albert Schulze und Paul Pollmann, überein, ihre Kräfte in Bozen zu vereinen, und so entstanden am 1.8.1928 die Vereinigten Klavierfabriken Schulze Pollmann. Da Albert Schulze nach einiger Zeit Bozen verließ, schlossen sich andere bekannte Bozener Persönlichkeiten dem Unternehmen unter Führung von Paul Pollmann an“.

(EuropiaSchulze Prospekte, Boudoirno 1978 Heft 2, S. 31 – 32). Wie ging es mit Albert Schulze, dem “leidenschaftlichen Klavierbauers“ weiter?

Wer war Paul Pollmann? Er kam aus Unna in Westfalen, er war tätig bei Ibach in Schwelm, erweiterte sein Können in europäischen Hauptstädten und sammelte Erfahrungen. Von 1911 bis 1921 “brachte er als Betriebs- und kaufmännischer Leiter die alte Klavierfabrik Ritmüller in Göttingen zu Ansehen und Anerkennung“. Er ging 1923 nach Turin, der Stadt, die als Zentrum der italienischen Klavierfabrikation galt. Zunächst begann er als Betriebsleiter einer italienischen Klavierfabrik, gründete nach einem Jahr schon eine eigenen Klavierfabrik unter „Pollmann & Weiss“.

Paul Pollmann erlebte das Kriegsende nicht mehr, er starb 1944 in Deutschland, in Worms.

Nach Kriegsende musste die Klavierfabrik unter neuen italienischen Besitzern am Punkt Null wieder beginnen, da die Produktion infolge der Kriegsereignisse und der Umsiedlung der bisherigen Besitzer bzw. der sog. Optionen Südtirol eingestellt worden war“. Der älteste Sohn Hans Pollmann stand als „Konstrukteur und technischer Berater“ dem Neuanfang zur Seite. Der zweite Sohn Georg Pollmann „stellt seine Erfahrungen als Klavierbauer und Kaufmann in den Dienst der Firma. Er wirkt als Generalvertreter für die Bundesrepublik Deutschland und hat erheblich dazu beigetragen, den deutschen Markt auszubauen“.

In Italien, in San Marino, hat die Firma Schulze-Pollmann heute ihren Sitz. Somit ist dem Zwickauer Albert Schulze ein Art Denkmal gesetzt. Und Zwickau hat demnach nicht nur den weltbekannten Komponisten Robert-Schumann hervorgebracht, sondern auch einen „namhaften deutschen Klavierbauer“.

Quellen:

Zeitschrift für Instrumentenbau“,

Lexikon Deutscher Klavierbauer“, H. Henkel.